SIMON BEURET / Die Unks
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KATI RICKENBACH / Sigis Schaf
Interview mit Christoph Schuler > Text | > Audio
NANDO VON ARB / Nicht mit mir!
Interview mit Achmed von Wartburg > Text | > Audio
THEO BARMETTLER / Olivia Heussler, Fotografin
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MILVA STUTZ / Feminist Killjoys
Interview mit Josy Meier > Text | > Audio
SIMON KIENER / Radio Banana
Interview mit Christian Egger > Text | > Audio
PATTRIZ / Nacktdemo
Nacktdemo > Text | > Audio
LAWRENCE GRIMM / Züri brännt – Wimmelbild
Audiocollage > Text | > Audio
SILVAIN MONNEY / Gewalt und Polizei
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TALAYA SCHMID / Züri brännt – schonogeil
Schonogeil > Text | > Audio
KOOSTELLA / Riots
Radikalisierung > Text | > Audio
Interview mit Markus Punky Kenner > Text | > Audio
Interview mit Freddy Meier > Text | > Audio
Interview mit Rams Ramseier > Text | > Audio
Die komplette Ausgabe online: STRAPAZIN No. 137
PDF-Datei download: STRAPAZIN No. 137
David Basler, Jahrgang 1953
Die Idee, einmal eine klingende Ausgabe von STRAPAZIN zu machen …
… entstand an einer Weihnachtsfeier. Wir, die spätgeborene Generation Zürcher*innen, lieben die Anekdoten «von früher», die unsere älteren Atelier-Genoss*innen an solchen Anlässen gerne auspacken. Warum also nicht eine Audio-Ausgabe über den Opernhauskrawall und dessen Folgen?
Züri brännt? Bis vor kurzem hatten wir, Talaya und ich, nur eine vage Vorstellung davon, was vor knapp 40 Jahren in Zürich los gewesen war. Die Begegnungen mit den Zeitzeug*innen haben uns eine neue Dimension Zürichs eröffnet. All die Freiräume, die wir nach 1980 Geborenen als selbstverständlich erachten – die Genossenschaften, die Rote Fabrik, das Kino Xenix, das Jugendkulturhaus Dynamo, um nur ein paar zu nennen – sind hart erkämpfte Errungenschaften, für die manche Opfer bringen und Verletzungen davontragen mussten. Dass kulturelle Freiräume keine Selbstverständlichkeit sind, geht schnell vergessen. Es lohnt sich, sich ab und zu daran zu erinnern.
Jennifer Rieger, Jahrgang 1982
Talaya Schmid, Jahrgang 1983
Die Comic-Geschichten stammen alle von nach 1980 aufgewachsenen Zeichner*innen. Sie basieren mehr oder weniger auf Interviews von Zeitzeug*innen, die bei der Jugendbewegung und den Krawallen von 1980 hautnah dabei waren.
STRAPAZIN zum Hören
Alles in diesem Heft, insbesondere die Interviews mit den Zeitzeug*innen, kann auch gehört werden, dafür dienen die jeweiligen QR-Codes. Wenn ein Interview als Inspiration zu einem Comic diente, ist der Code direkt an dessen Anfang platziert. Wer keinen QR-Scanner auf dem Smartphone hat, tippt die zusätzlich zu den Codes im Heft abgedruckten Links in den Browser oder hört sich alle Interviews hintereinander an:
Erstens
Man hätte es fast nicht für möglich gehalten, aber Mitte 1980 erhoben plötzlich Anarchie und Chaos ihr tragisch-schönes Haupt in einer der reichsten Städte der Welt. Wie immer bei solchen Gelegenheiten benahmen sich Politik und Polizei besonders blöd und völlig daneben. Weil der berechtigte Hinweis „Ohne Polizei kein Krawall!“ auf taube Ohren bei der Staatsmacht stiess, wurde es eine richtige Revolte voller Wut und Wucht.
Es hatte ja Vorzeichen und Vorboten gegeben, ein deutliches Zittern in der warmen Herbstluft 1979. Da waren der ganze Punk und die neuen Zusammenrottungen. Die Bands in den Kellern der Wohngemeinschaften, aus denen es ständig wummerte und bullerte. Konzerte wurden gestürmt, Rock als Revolte. Die Sehnsucht, die Leidenschaft. Wohin mit all der Energie? Der Stress im Job und in der Schule. Keinen Platz haben für sich selbst. Immer nur Sauberkeit und Geld. Und schon ging es los!
Man stelle sich heutzutage so einen analogen Aufstand vor, ohne Handy und Social Media. Und dann auch noch völlig unfassbar für die Ordnungsmächte, keine Führerinnen und Führer, keine Ziele – ausser vielleicht dieses verdammte AJZ. Dazu das Kulturleichen-Pathos, die romantische Überschätzung der eigenen Stärke, aber Bewegung fühlte sich gut an. Eine Zeit lang. Wie immer.
Mit fast makelloser Eleganz in Gestaltung und Form war die damals erschienene Zeitschrift Stilett stets eine prägende Lektüre. Noch vor dem grossen Clash der Kulturen beschworen die Stilett-Texte als düstere Vorboten und apokalyptische Reiter die kommenden gesellschaftlichen Auseinandersetzungen quasi herauf.
Zweitens
Und wie immer bei merkwürdigen, überraschenden Geschehnissen gab es auch bald Bücher darüber. Eine erste publizistische Reaktion war der Band „Die Angst der Mächtigen vor der Autonomie. Aufgezeigt am Beispiel Zürich“, herausgegeben von Regula Howald, Jürgmeier, Rolf Salzmann und Peter Scheucher 1981 im Gegenverlag, Horgen. Ein ehrliches Unterfangen mit einer Vorgeschichte von 1930 bis 1980 und einer besonders umfassenden Chronologie des Geschehens bis Januar 1981 sowie diversen Beiträgen zu Gewalt und bankrotter Politik.
Auch Teile der Bewegung gaben in einem Verlag ohne Zukunft ein Fotobuch der Ereignisse heraus. Und die stockreaktionäre NZZ druckte ihre Version der Vorfälle ebenfalls zwischen zwei Buchdeckel.
Ein einziges grosses Selbst-in-den-Arsch-beissen ist das Buch „Eine Stadt in Bewegung. Materialien zu den Zürcher Unruhen“, herausgegeben von der Sozialdemokratischen Partei der Stadt Zürich. Immerhin konstatierte man darin Mut zur Utopie und ein scheues Verständnis. Das Buch kam zu einer Zeit heraus, als Teile von Zürichs SP noch einen Kurs gegen die eigene Stadträtin Emilie Lieberherr, eine extreme Ordnungspolitikerin, riskieren durften.
Peter Schneider, Mitglied der Sozialdemokratischen Partei, war von 1977 bis 1981 Untersuchungsrichter bei der Staatsanwaltschaft Zürich. Er quittierte seinen Dienst, nachdem er im Schwange der juristischen Massnahmen gegen die Bewegung eine „verheerende Summierung der Rechtsverletzungen durch Staat und Polizei“ feststellen musste. Über diese Gegenmassnahmen und die bewusste Kriminalisierung der Bewegung hat er ein Buch geschrieben: „Unrecht für Ruhe und Ordnung. Ein Lehrbuch“, erschienen im Limmat Verlag, Zürich 1982. Diese 260 Seiten sind harter Stoff: Die Polizei verletzte die verfassungsmässigen Rechte der Bürger massiv, die Unabhängigkeit der Gerichte war stets gefährdet und die Massenmedien beteiligten sich an Kriminalisierungs- und Hetzkampagnen.
Von 1980 bis 1982 wurden 4.000 Jugendliche verhaftet, Hunderte verurteilt. Es gab 500 Knochenbrüche von Demonstranten und einige kaputte Augen, gegenüber 30 verletzten Polizisten.
Grundsätzlich muss gesagt werden, dass diese Gewaltexzesse durch die Polizei und die Justiz nie aufgearbeitet wurden. Bei der Lektüre von Schneiders Buch packt einen heute noch das Grausen.
Drittens
Neben den dokumentarischen Berichten und Büchern war selbstverständlich auch die literarische Verarbeitung der Geschehnisse angesagt. Für die Bewegung selbst wurde das insofern schwierig, wenn Autoren wie Otto F. Walter mit Erzählungen wie „Wie wird Beton zu Gras“ antraten oder hypochondrisch-egomane Originalgenies wie Niklaus Meienberg herumpfutterten. Jede Revoltrice, jeder Revolteur musste sich gegen diese Meinungsheroen wehren. Die Vereinnahmung drohte. Nichts von oben, nichts aus höheren Sphären wird akzeptiert, weder Politik noch Aesthetik, weder Polizei noch Literatur. Solange die Bewegung eine amorphe, gesichts- und führerlose Masse war, war sie für die Herrschenden gefährlich.
Auch der Zürcher Autor Reto Hänny erzählt in seinem Buch „Zürich, Anfang September“, erschienen 1981 im Suhrkamp Verlag, wie er von der Polizei „hereingenommen“ und misshandelt wird. Gut, das ist Chronistenpflicht, und gut, dass man das noch heute als Dokument lesen kann. Aber dann erscheinen immer wieder auch mal in Zürich gelebt habende Kulturleichen wie James Joyce oder Tristan Tzara in seinem Text, der damit einen etwas unangenehmen Bildungsauftrag ausatmet. Vielleicht wurde Hänny das vom notablen Verlag vorgeschrieben, wer weiss. In diversen grossen deutschen Verlagen erschien damals mehr oder weniger unglückliches Zeug über die aufrührerische Jugendbewegung in der netten, schönen Schweiz.
Eher junge Menschen, die sich damals an der Literatur abrackerten und daher auch weniger langweilig und auf Effekt schrieben, gab es auch. Einer davon war Bruno Heinzer mit seinem verrückten und lustigen Roman „Wir lachen euch zu Tode“, erschienen 1982 im Zürcher Eco Verlag. Der Ich-Erzähler ist aus dem postrevolutionären Zürich geflohen und betätigt sich nun in Paris unter anderem als Kaminterrorist: „Schieben Sie mir unauffällig
50 Francs unter der Türe durch, sonst
schmeisse ich Ihnen ein Wespennest durch den Schornstein runter.“ Später kommt er in die Spinnwinde, wie man damals sagte, und noch später wird er von seinem Beichtvater erdrosselt und alles geht den Jordan runter.
Viertens
Im Nachhinein lässt sich dann auch gut argumentieren und Jubiläen feiern und so weiter. Im Jahr 2001 kommt der grosse publizistische Aufwasch der „Bewegig“ und ihrer Folgen – diesmal unterstützt von Stadt und Kanton Zürich, Pro Helvetia, Migros Kulturprozent, Landeskirchen und so weiter und so fort. Im Zürcher Limmat Verlag erscheint „Wir wollen alles, und zwar subito! Die Achtziger Jugendunruhen in der Schweiz und ihre Folgen“, herausgegeben von Heinz Nigg. Das sind über 500 Seiten, mit DVD und Website. Neben der Dokumentation der Ereignisse in Zürich gibt es auch eine Chronologie der Vorgänge in anderen Schweizer Städten, in denen die Jugendbewegung tobte. Dazu erinnern sich Beteiligte und wissenschaftliche Beiträge berichten etwa von „der Bedeutung des Wohnens für die Zürcher Jugendbewegung“.
Zum 30jährigen Jubiläum erschien dann eine etwas merkwürdige Gedenkschrift mit dem Titel „Zür(e)ich brennt“ im Europa Verlag Zürich. Eine Art Zweitverwertung, in der eine Menge aus dem Roman von Reto Hänny abgedruckt ist.
Für die gepflegte Sammlerschaft kam vor zwei Jahren eine Kollektion von Flugblättern aus den Jahren 1979 bis 1982 heraus, mit dem Titel „Autonomie auf A4. Wie die Zürcher Jugendbewegung Zeichen setzte“, wieder im Zürcher Limmat Verlag. In der Tat ist der grossformatige Band trotz seines nicht unbeträchtlichen Ladenpreises bereits vergriffen. Man kann zu so einer Sammlung stehen, wie man will, die Lektüre ist jedenfalls sehr unterhaltsam. Wie die Wünsche und die Wut aus dem Hirn und dem Herz in die Hand kollerten – und dann schrieb sich das Flugi fast wie von selbst. Und selbstverständlich sind diese Flugblätter gestalterisch oft schon recht atemberaubend.
Speziell ist auch der ebenfalls sehr voluminöse Band „Schmieren/Kleben“, 2018 herausgegeben von Philipp Anz, Jules Spinatsch und Viola Zimmermann in der Edition Patrick Frey. Der Inhalt ist die Datei des Kriminalkommissariats III, der Staatsschutzabteilung der Zürcher Polizei, die Schmierereien und Sprayereien sammelte, die den Tatbestand der Sachbeschädigung erfüllten. Harald Nägeli, der Sprayer von Zürich ist gut vertreten, viele Anarcho-A’s und jede Menge Umgestaltungen, die aus den Jahren von 1976 bis 1981 stammen. Das Buch ist allerdings auch schon vergriffen.
Ebenso wie das prächtige Buch über die musikalischen Folgen von 1980 mit dem Titel „Heute und Danach“, herausgegeben vom notorischen Punk-Urgestein Lurker Grand und André Tschan, 2012 auch in der Edition Patrick Frey erschienen. Es ist eine ziemlich komplette Sammlung all der Musik, die damals aus den Kellern quoll, mit einigen exemplarischen Porträts und Lebensgeschichten von damals Beteiligten – eine runde, schöne Sache jedenfalls.
Meines Wissens sind all die erwähnten Bücher vergriffen, einzelne eventuell noch antiquarisch erhältlich. Das Sozialarchiv in Zürich – es lebe hoch! – hat die Sachen aber sicher in seinen Beständen (www.sozialarchiv.ch).
Übrigens kann man heute in ausgewählten Antiquariaten für ein paar hundert Franken ein paar Nummern der damaligen Bewegungsblätter „Eisbrecher“ und „Brecheisen“ erstehen. Eine beachtliche Wertsteigerung über die 40 Jahre …
Der Titel dieses Beitrags ist ein Zitat von Michail Bakunin, aus seinem 1842 erschienenen Pamphlet „Die Reaktion in Deutschland“.
Wolfgang Bortlik
Neyla ist aus Syrien geflohen. In Berlin trifft sie den Architekten Karsten. Sie verlieben sich. Doch die Beziehung kommt nicht zustande. Berlin ist Neyla fremd. Sie geht ihren Weg weiter in ihrer Welt. Verschiedene Comic-Reportagen und Graphic Novels haben den Krieg in Syrien und die Flüchtlingskrise zum Thema, Zuflucht nehmen fügt sich nur am Rande in diese Reihe ein. Zwar bezieht sich die Haupthandlung auf die geflüchtete Syrerin Neyla und ihren Versuch, in Berlin Fuss zu fassen, doch haben der französische Schriftsteller Mathias Énard (Die Zone, Der Kompass) und die franco-libanesische Comic-Zeichnerin Zeina Abirached (Ich erinnere mich, Das Spiel der Schwalben) nur bedingt einen «Flüchtlingscomic» verfasst – jedenfalls keinen, der ein bestimmtes Schicksal im Detail dokumentiert.
Bezeichnend für Zuflucht nehmen sind weniger die Handlungen der Hauptfiguren als vielmehr deren Reflexionen, wie sie die Ereignisse aufeinander beziehen und einordnen. In diesem Sinn ist die Geschichte ein «strukturalistischer» Comic, der – zumindest punktuell – die Gegensätze und Gemeinsamkeiten der westlichen und der östlichen Weltanschauung zueinander in Beziehung setzt. Beide, Zeichnerin wie Autor, haben im Westen und im Nahen Osten gelebt und kennen die wechselseitigen Beziehungen und Wahrnehmungen ebenso wie deren Chancen und Grenzen. Schon der Titel steht sowohl für die konkrete asylpolitische Situation Neylas als auch für eine zentrale spirituelle Wendung im Buddhismus, die ihrerseits sinnbildlich ist für Karstens Interesse an östlicher Kultur. Zeina Abiracheds Zeichnungen unterstützen die reflexive Betrachtung. Ihr flächig-reduzierter Stil geht nicht ins Detail. Mithilfe von Ornamenten veranschaulicht sie komplexe Konstellationen und Beziehungen. Als Karstens Freunde am Tisch sitzen, werden sie visuell über das Muster des Tischtuchs miteinander verflochten. Das Motiv der Welt, die in Teile zerfällt, stellt Abirached am Beispiel von Damaskus dar, das in einzelne Gitterzellen zersplittert, in denen die Menschen verloren sind. Letztlich bleibt Zuflucht nehmen inhaltlich und formal unvollendet. Eine Schwäche des «strukturalistischen» Ansatzes ist es, dass einen die Hauptfiguren nicht berühren. Sie wirken wie exemplarische Platzhalter theoretischer Sachverhalte. Karsten aus Berlin könnte ebenso gut Frédéric aus Brüssel sein – an der Geschichte würde das wenig ändern. Zudem fehlt Mathias Énard im Comic der Raum, den er im Roman hat, um den Bezug von Haupt- und Nebenhandlung – in der die Schweizer Schriftstellerinnen Annemarie Schwarzenbach und Ella Maillart 1938 nach Afghanistan reisen – überzeugend aufzulösen. Letztlich bleibt Zuflucht nehmen eine Graphic Novel, welche die Flüchtlingsthematik mit einem poetisch-essayistischen Ansatz erschliesst.
Florian Meyer
Zeina Abirached, Mathias Énard, „Zuflucht nehmen“.
Avant-Verlag, 345 S., Softcover, s/w,
EUR 30 / CHF 44.90
Steffen Kverneland, im deutschsprachigen Raum vor allem bekannt durch seine Künstlerbiografien zu Olaf Gulbransson oder Edvard Munch, arbeitet in seinem neuen Comic Ein Freitod auch biografisch, wird dabei aber sehr persönlich – bis weit über die Schmerzgrenze hinaus. Das Buch handelt vom Selbstmord seines Vaters und ist ein Versuch, dessen Leben und Gefühlswelt zu ergründen, auf der Basis von Familienfotos, Erinnerungen, Zeichnungen, die eher Karikaturen sind, und stimmungsvollen Bildern, die versuchen, tief in die Seele des ihm eigentlich recht unbekannten Vaters zu dringen. Dazwischen findet man als Zitate auch Bilder und Bildfolgen aus seinen anderen Comics, die sich bereits in kurzen Passagen mit seinem Vater auseinandergesetzt hatten. Doch nun – Kverneland ist inzwischen selber Vater und im selben Alter wie sein Vater, als der sich umbrachte – scheint die Zeit gekommen, sich noch einmal grundlegend in einem kompletten Comic mit seiner Familiengeschichte und vor allem seinem Vater und seinem Freitod auseinanderzusetzen. Dabei stösst er immer wieder auf eine Wand, die der Vater zwischen sich und der Familie aufgebaut beziehungsweise nie abgebaut hat. Depressiv war er anscheinend zeitlebens, irgendwann wurde er zum Alkoholiker. So lange ausgehalten hat er sein Leben wohl nur, um seine Kinder in die Volljährigkeit zu entlassen, bevor er ging.
Der Stilmix, den Kverneland dem Leser zumutet, wird zu einer Achterbahn der Gefühle. Nichts erscheint kalkuliert, vielmehr wirkt der Autor seinen Gefühlen vollkommen ausgeliefert – mal wird das Suchen nach dem Warum und das Stochern in der eigenen Familiengeschichte extrem düster, um dann wieder in einer lustigen Karikatur abgefedert zu werden, die nur noch mehr die Hilflosigkeit angesichts eines solchen Todes zeigt. Kverneland sucht seelische Verwandtschaft zum Vater und findet sie auch im Detail, steht dann aber doch immer wieder vor einem Rätsel, weil ein Selbstmord in seiner brutalen Konsequenz wohl nie ganz zu fassen ist. Ein emotional tief beeindruckendes Werk von grosser Offenheit.
Christian Meyer-Pröpstl
Steffen Kverneland: „Ein Freitod“.
Avant-Verlag, 120 S., Hardcover, farbig,
EUR 28 / CHF 41.90
1942 packen zwei Männer die damals 15-jährige Lee Ok-Sun am hellichten Tag auf einer Landstrasse in Korea und verschleppen sie. Zusammen mit anderen Mädchen werden sie per Eisenbahn in Güterwagons nach China gebracht, wo sie bis zum Ende des Zweiten Weltkriegs japanischen Soldaten als «Trostfrauen» dienen müssen. Mit diesem zynischen Begriff bezeichneten die Japaner die Zwangsprostituierten in ihren Kriegsbordellen. Tausende von Mädchen und Frauen wurden eingezogen, die meisten aus Korea und China. Lee Ok-Sun war eine von ihnen, und Grass erzählt ihre Geschichte. «Seit ich den Schoss meiner Mutter verliess, habe ich keinen glücklichen Moment erlebt», erinnert sich Lee Ok-Sun. Schon vor ihrer Verschleppung hatten sie ihre bitterarmen Eltern für ein Entgelt weggegeben. Lee musste von klein auf hart arbeiten, ohne dass sie je zur Schule gehen durfte, was ihr grösster Wunsch gewesen war. Nach der Kapitulation Japans geht für Lee Ok-Sun das Leiden weiter, ihr fehlt das Geld, um heimzukehren. Ihr erster Ehemann lässt sie im Stich und ihr zweiter ist alkohol- und spielsüchtig. Erst nach fünfundfünfzig Jahren kehrt sie nach Korea zurück, wo sie in einem Altersheim für ehemalige «Trostfrauen» lebt – und sich noch 2017 aktiv für die Rechte und die Rehabilitation der Zwangsprostituierten einsetzt. In der südkoreanischen Manwha-Zeichnerin Keum Suk Gendry-Kim hat Lee Ok-Sun eine sehr aufmerksame und feinfühlige Zuhörerin gefunden, die ihre Geschichte mit dem richtigen Mass an Mitgefühl und Respekt, Sachlichkeit und Zurückhaltung erzählt sowie höchst behutsam ins Bild setzt. Ihre Graphic Novel nutzt das erzählerische Repertoire, das sich seit Art Spiegelmans Maus etabliert hat. Die Lebensgeschichte Lee Ok-Suns wird ergänzt mit kurzen historischen Abschnitten und Passagen, in denen die Autorin ihre Arbeit und die aktuelle Politik reflektiert. Namentlich verzichtet Gendry-Kim ganz auf jegliche sensationsgetriebene, explizite Darstellung von Krieg, Gewalt und Brutalität. Sprachlich vermeidet sie provokante Ausdrücke und erzählt die Geschichte in einem ruhigen, ausgewogenen Ton. Für den Schmerz und das Leiden findet sie dennoch deutliche und kraftvolle Ausdrucksweisen: Wälder, Zweige und Gräser markieren die besonders schmerzvollen Schicksalsschläge. Gräser, die unbarmherzig weiter im Wind rauschen, egal, was den Menschen geschieht, Gräser, die nach dem Winter wieder grünen und wachsen wie der unbändige Wille, der Lee Ok-Sun am Leben hält. Keum Suk Gendry-Kims Graphic Novel lässt niemanden unberührt und regt zum Nachdenken an. «Im Laufe der Zeit wurde mir klar, dass es in dieser Geschichte nicht um Männer oder Frauen ging. Es ging darum, was es bedeutet, ein Mensch zu sein», schreibt sie im Nachwort – und genau das zeigt Gendry-Kim in Grass nachdrücklich auf.
Florian Meyer
Keum Suk Gendry-Kim: „Grass“. Englisch
Drawn & Quarterly, 496 S., Softcover, s/w,
EUR 25.99 / CHF 36.90
Das kann David B. wie kaum ein anderer Zeichner – eine ganze Geschichte, komplex, fantastisch und rätselhaft, in ein einziges Bild verdichten. Le Mort Détective ist eine Fortsetzungsgeschichte, erzählt lediglich mit den Titelblättern der einzelnen Kapitel, deren Illustrationen mit einem verheissungsvoll reisserischen Titel versehen und um einen andeutungsreichen und doch das Wesentliche verheimlichenden Satz, neudeutsch „Teaser“, aus dem uns vorenthaltenen Text ergänzt sind.
Unnötig zu sagen, dass schon die Bilder allein eine Augenweide sind. In Le Mort Détective zeichnet sich David B. in Hochform; der schwarzweisse Strich ist kraftvoll und präzise, die Bilder sind dicht, es wimmelt nur so von Skeletten und Totenköpfen, von mysteriösen, ebenso furchterregenden wie grotesken Figuren wie z.B. „Mille Poignards“ (Tausend Dolche), riesigen Kraken oder zwielichtigen Damen – David B. beschwört eine Welt zwischen Kriminalgeschichte, Fantastik, Horror und Esoterik, wie sie in der Kolportage- und Fortsetzungsliteratur um 1900 die Leserschaft begeisterte.
Je tiefer man in den Bilderreigen um den toten Detektiv eintaucht, desto augenfälliger werden Bezüge zwischen den Bildern und Kapiteln, es deuten sich Handlungen und Beziehungen zwischen den Figuren an, und man ahnt mehr, als dass man es bewusst wahrnimmt, dass David B. uns tatsächlich eine Geschichte erzählt – doch überlässt er es uns, die Indizien zu entdecken und sie sinnvoll miteinander zu verknüpfen. Dieses Spiel mit Ellipsen und Verweisen im Bilderraum ist hochvirtuos und von grosser konzeptioneller Stringenz – und doch verkommt Le Mort Détective nie zur sterilen Stilübung, sondern bleibt Bild für Bild ein enormes, abenteuerliches Pläsier. Und das Beste: Das Album lässt sich auch ohne Französischkenntnisse geniessen.
Christian Gasser
David B.: „Le Mort Détective“. Französisch,
L‘Association, 112 S., Hardcover, s/w,
EUR 18
Bea will weg von zu Hause. Irgendwo in Texas sitzt sie in einem Bushaltestellenhäuschen und wartet – eine schmale Gestalt mit zerzausten kurzen Haaren und roter Kapuzenjacke. Doch als der Bus kommt, steigt sie nicht ein. Intuition? Jedenfalls läuft Bea in einer Tankstelle Lou über den Weg, die mit Auto und winzigem Wohnwagen unterwegs ist. Die beiden kennen sich aus der Nachbarschaft, doch Lou – tough, Wuschelkopf und rote runde Brille – ist mit 27 gut zehn Jahre älter als die kindlich und verletzlich wirkende Bea.
Diese beiden unterschiedlichen Charaktere schickt die texanische Zeichnerin und Autorin Tillie Walden – 23 Jahre und mit ihren queeren Comics ein Star der Indie-Comic-Szene – auf eine Reise ins Ungewisse beziehungsweise zu sich selbst. West, West Texas ist Waldens neuestes Buch und das zweite, das nach ihrem viel gelobten Pirouetten auf Deutsch erscheint. Anders als Letzteres, das autobiografisch geprägt und zwar effektvoll, aber sparsam koloriert war, leuchtet das neue Werk in surreal wirkenden Farben und ist durchdrungen von magischem Realismus à la Haruki Murakami, plus einem Hauch von #Twin Peaks. Die Seiten sind wunderschön gebaut, mit seitengrossen Bildern, stark gezoomten Ausschnitten und kreativen Panels, die – zum Beispiel – in einer Sequenz ineinander zu stürzen scheinen, als eine Brücke einstürzt, während Lou ihr Auto samt Anhänger in letzter Sekunde darüber jagt.
Die beiden jungen Frauen fahren meist durch die Nacht, durch violette, dunkelblaue oder purpurne Schatten, aber auch durch gleissend helle Tage. Die Dialoge sind kurz, das gegenseitige Herantasten vorsichtig, aber nach und nach offenbaren sich die beiden, was sie von zu Hause fort treibt.
Dann findet Bea an einer Raststätte eine weisse Katze, auf deren Marke eine Heimatadresse vermerkt ist. Nur – mit dem Tier scheint ein dunkles Geheimnis verbunden zu sein: Plötzlich werden Bea und Lou von zwei schwarzen Gestalten mit bedrohlich rot leuchtenden Augen verfolgt, was schliesslich zum dramatischen Höhepunkt der gemeinsamen Reise führt. Am Ende haben beide Protagonistinnen ein gutes Stück zu sich selbst und einen Weg für sich gefunden; vor allem Bea ist über sich selbst hinausgewachsen.
Barbara Buchholz
Tillie Walden: „West, West Texas“.
Reprodukt, 320 S., Softcover, farbig,
EUR 29 / CHF 44.90
Wunderbar ist der Moment, als Cabu dem jungen Luz erklärt, wie er auf Reportage skizziert, wenn er unentdeckt bleiben will: Er zeichne einhändig in der Manteltasche und fixiere den Block mit einem Finger, so dass er immer genau wisse, wo sich auf dem Papier der Stift bewegt. In diesen und ähnlichen Momenten ist man mittendrin im Alltag auf der Redaktion von Charlie Hebdo, dem berühmt-berüchtigten französischen Satiremagazin, das die meisten heute nicht wegen seiner künstlerischen und gesellschaftlichen Relevanz kennen, sondern wegen des mörderischen Anschlags im Januar 2015 – dem unter anderem Cabu zum Opfer fiel.
Diesen Anschlag, den Luz nur überlebt hat, weil er sich verspätet hatte, hat er in Katharsis verarbeitet. In Wir waren Charlie zeichnet er nun seine Zeit bei Charlie Hebdo nach. Mit viel Humor und Selbstironie erzählt er von berühmten Reportagen, karikiert seine Kollegen, schildert den Redaktionsalltag und immer wieder die legendäre Abschlusssitzung, in der die gesamte Redaktion das nächste Titelblatt auswählte.
Entdeckt und gefördert von Cabu stiess Luz schon als Teenager zu Charlie Hebdo, und das spürt man: Seine Ehrfurcht vor und seine Liebe für die Koryphäen der Zeitschrift, vor allem Cabu und Gébé, ist offensichtlich. Auch als Superstar ist Luz ein Fan geblieben.
Das macht den Charme dieser Aufzeichnungen aus, verhindert aber die erhoffte Vertiefung: Charlie Hebdo war weit mehr als die Zeitschrift einer Handvoll verschworener Zeichner, doch Luz geht viel zu wenig auf das gesellschaftliche und politische Selbstverständnis der Zeitschrift ein und reflektiert kaum die Rolle, welche die Karikatur dank Hara-Kiri und Charlie Hebdo in Frankreich gespielt hat und spielt. Die wichtigen Debatten und Prozesse, in die Charlie Hebdo sich so leidenschaftlich und ohne Rücksicht auf Verluste stürzte, umgeht er.
Luz‘ Nostalgie ist verständlich, doch droht sie, Charlie Hebdo zu verharmlosen. Gerade jetzt, nach all den Debatten rund um Sinn und Zweck der Karikatur, wäre es interessant gewesen, ein paar Gedanken und Antworten aus dem historischen harten Kern von Charlie Hebdo zu hören – zumal Luz, ein ausgesprochen kluger, scharfsinniger und reflektierter Zeitgenosse, dazu viel zu sagen hätte.
Was von Wir waren Charlie bleibt, ist eine unterhaltsame, gut gelaunte und mit Schwung gezeichnete Chronik voller Anekdoten wie der über Cabus Manteltaschenzeichnerei. Auch wenn man mehr hätte erwarten können, ist das eigentlich schon ganz schön viel.
Christian Gasser
Luz: „Wir waren Charlie“.
Aus dem Französischen von Vincent Julian Piot, Karola Bartsch und Tobias Müller,
Reprodukt, 320 S., Softcover, s/w,
EUR 29 / CHF 44.40
Leonardo „Leo“ Ortolani ist ein italienischer Comic-Autor, der seit Ende der 1980er-Jahre mit seiner Superhelden-Parodie Rat-Man grosse Erfolge feiert. Letztes Jahr ist ein Spin-off der Serie erschienen, mit der Nebenfigur Cinzia aus Rat-Man als Protagonistin. Cinzia Otherside heisst in Wirklichkeit Paul, doch kämpft sie in einem endlosen bürokratischen Kampf dafür, offiziell als Frau registriert zu werden. Neben ihrem Ringen mit der transphoben Gesellschaft, versucht sie, an den gutaussehenden Thomas ranzukommen und nimmt dafür sogar in Kauf, als Mann aufzutreten. Dazwischen sind die Seiten mit Episoden aus dem Alltag von Cinzia/Paul und ihrer Transgender-Freundin und Mitbewohnerin Tamar gefüllt – Besuche beim wöchentlichen LGBT-Treffen (später LGBTSW, als zwei verliebte Star-Wars-Fans dazu stossen) oder erfolglose Job-Interviews. Cinzia ist nicht nur ein ausserordentlicher Comic, weil er sich mit dem inneren und äusseren Kampf von Transsexuellen und LGBT-Menschen auseinandersetzt, sondern weil Ortolani dies auch mit viel Humor und einer Prise Selbstironie tut. Die Stärke der Geschichte ist die Tatsache, dass eine (wenn auch fiktive) Gesellschaft dargestellt wird, die sich nicht in Schwarz und Weiss einteilen lässt, sondern Spielraum für Interpretationen zulässt.
Ungewollt haben vor einigen Monaten die italienischen Rechtsparteien Lega, Forza Italia und M5S Werbung für Ortolanis Transgender-Geschichte gemacht. Als bekannt wurde, dass eine Theateradaption von Cinzia am diesjährigen Comic-Festival in Lucca geplant war, kritisierten die lokalen Parteiabgeordneten diesen Entscheid. Sie zeigten sich erbost, dass ein Thema wie Transsexualität gerade in einem Comic thematisiert und die katholische Gender-Ideologie und somit die klassische Familienform in Frage gestellt werden sollten. Es wäre zu schön zu erfahren, wie Cinzia Otherside darauf reagiert hätte…
Giovanni Peduto
Leo Ortolani: „Cinzia”.
Bao Publishing, 240 S., Hardcover, farbig,
EUR 22 / CHF 30.-
Grafische Romanadaptionen sollten nicht eine bebilderte Nacherzählung der Vorlage sein, sondern sollten eine eigene Form finden, die Themen in neuen Facetten zeigen. Der Report der Magd von Renée Nault orientiert sich an Margaret Atwoods dystopischem Roman von 1985. In einer nahen Zukunft liegen die USA im Krieg mit dem Rest der Welt. Nach einem Staatsstreich durch eine christlich-fundamentalistische Gruppe wird die theokratische Republik Gilead errichtet. In ihr wird die Rolle der Frau neu definiert; die Aufgaben der Frauen betreffen den Haushalt und die Fortpflanzung, sofern sie überhaupt noch zeugungsfähig sind. Hauptfigur ist Desfred, eine Magd, die wegen ihrer Fruchtbarkeit als Sklavin im Haushalt des Kommandanten Fred und seiner unfruchtbaren Frau Serena Joy gehalten wird. Atwoods Roman ist eine vielschichtige Auseinandersetzung der Stellung der Frau im Laufe der Geschichte und kreist um die Themen Macht der Erinnerung und Schreiben als Waffe gegen das Vergessen. Atwoods düstere Zukunftsvision basiert auf realen Diktaturen und Gesellschaften, in der heutigen Zeit ist Der Report der Magd wieder bzw. noch immer erschreckend aktuell. Nicht verwunderlich, dass die seit 2017 laufende TV-Serie des VOD-Anbieters auf viel Interesse stösst und Atwood unter dem Titel Die Zeuginnen kürzlich eine Fortsetzung veröffentlicht hat.
Doch während die TV-Version für den Romanstoff ihre eigene Form findet, ist Naults grafische Adaption höchstens eine Zusammenfassung mit einigen Lücken und wenig originellen Bildkompositionen. In Erinnerung bleiben höchstens die bunte Farbpalette der Bilder und die roten Gewänder der Mägde, die sich – buchstäblich – wie ein roter Faden durch das Buch ziehen. Wer nach der erfolgreichen TV-Serie nun Lust auf den Roman hat, aber keine Zeit zum Lesen findet, kann sich mit dem Comic behelfen. Ansonsten lohnt es sich unbedingt, das Original zu lesen.
Giovanni Peduto
Renée Nault / Margaret Atwood: „Der Report der Magd“.
Berlin Verlag, 240 S., Hardcover, farbig,
EUR 25 / CHF 36.90
Man kommt eigentlich nicht umhin, in einer Kritik zum Schatz der Black Swan von Guillermo Corall und Paco Roca den Tintin-Schöpfer Hergé zu erwähnen. Das hat zum einen mit dem Zeichnungsstil zu tun, es liegt aber auch daran, dass bereits mit dem Cover des Buchs auf Hergés Das Geheimnis der Einhorn angespielt wird. Die Assoziationen sind klar, und von dem spanischen Zeichner Paco Roca sicherlich auch gewünscht. Erzählt wird die auf wahren Begebenheiten beruhende Geschichte um die Bergung des Schiffes Black Swan. Bald gibt es Anzeichen, dass die Hebung nicht ganz legal war; die spanischen Behörden versuchen nachzuweisen, dass die Bergungsrechte erschlichen wurden und der Schatz der spanischen Regierung übergeben werden sollte …
Um bei der Tintin-Analogie zu bleiben, könnte man den jungen Regierungsbeamten Álex Ventura als einen etwas schüchternen Tim betrachten, und Frank Stern, den Chef des Bergungsunternehmens Ithaca, als einen der klassischen Hergé-Bösewichter. Die Geschichte hat der Diplomat und Autor Guillermo Corral selbst erlebt, er erzählt sie spannend wie einen Spionageroman, der an straff erzählte amerikanische Politthriller erinnert – inklusive zarter amouröser Nebenhandlung, was bei Tim undenkbar wäre. Ein historischer Einschub erzählt den Vorfall, der das unter spanischer Flagge segelnde Schiff zum Sinken brachte, in komplett anderem Stil mit ganzseitigen Bildern und Texttafeln, die an illustrierte historische Bücher erinnern. Aber auch ohne weitere solche Raffinessen gelingt es Corral und Roca mühelos, auf über 200 Seiten bis zuletzt die Spannung zu halten.
Christian Meyer-Pröpstl
Guillermo Corall & Paco Roca: „Der Schatz der Black Swan“.
Reprodukt, 216 S., Hardcover, farbig,
EUR 24 / CHF 37.90
Mit The Fall hat sich der Berner Comic-Zeichner und Illustrator Jared Muralt sicher den Traum einer eigenen Serie erfüllt; Den Einstieg bildeten die im Juni 2018 als Sammelband erschienenen Kapitel 1 bis 3 (die zwischenzeitlich auch als Einzelhefte veröffentlicht wurden), worauf im November die Fortsetzung in Form des vierten Kapitels Der erste Schnee folgte. Im Oktober 2019 ist mit dem Heft Asylum das fünfte Kapitel erschienen.
Schilderte der erste Sammelband, wie die Stadt Bern in Folge einer weltweiten Wirtschaftskrise und des Ausbruchs eines tödlichen Virus im Chaos versinkt, und das vierte Kapitel die Flucht der Protagonist*innen aus der Stadt, spielt Asylum in den Bergen. Vater Liam, seine Tochter Sophia und sein Sohn Max suchen die Berghütte der Grosseltern, landen aber in einer Dorfgemeinschaft, die – abgeschnitten von der Aussenwelt, ohne Essensvorräte und mit nur spärlichen medizinischen Versorgungsmöglichkeiten ausgestattet – ums Überleben kämpft. Immer mehr verschiebt sich der Fokus aber von der Katastrophe hin zu den Menschen und deren Umgang mit der Ausnahmesituation. So versuchen Privilegierte (wie beispielsweise ein Arzt, der als Einziger über Medikamente verfügt), Macht und Gewalt über andere auszuüben, während sich andere, die selbst kaum überleben können, als hilfsbereit und selbstlos erweisen. Zum Ende des Heftes hin nimmt die Aussichtslosigkeit zu, wobei es ganz am Schluss dann doch wieder einen Hoffnungsschimmer gibt.
Die zeichnerische Umsetzung ist, wie immer bei Muralt, meisterhaft, besonders faszinierend ist die Darstellung der Natur, deren Schönheit in krassem Gegensatz steht zu den schrecklichen Schicksalen und Taten der Figuren. Verschneite Gebirgslandschaften, ein zugefrorener Gebirgsbach, fallender Schnee – das alles strahlt eine tiefe Ruhe aus und gibt Raum für Reflektion – sowohl den Figuren wie auch dem*der Leser*in. Einmal mehr wird hier auch der Einfluss japanischer Manga auf Muralts Zeichnungen deutlich.
Je nach Erfolg der Serie soll The Fall zwischen 12 und 18 Kapitel lang werden bzw. am Ende 4 bis 6 Sammelbände umfassen. Wie die letzte Szene aussehen wird, hat Muralt angeblich bereits im Kopf, nicht aber, was auf dem Weg dorthin noch alles geschehen wird. Man ist jetzt schon gespannt darauf, was den Protagonist*innen noch widerfahren wird – und hat gleichzeitig auch schon Mitleid mit ihnen.
Jan Westenfelder
Jared Muralt: „The Fall. Kapitel 5: Asylum“.
Tintenkilby, 36 S., Softcover, farbig,
CHF 12.-
„Reichsrüstungsminister Speer hat unserem Projekt die oberste Priorität eingeräumt, alle verfügbaren Ressourcen werden hier gebunden“, erklärt ein Berliner Ingenieur dem Bremer Fotografen Johann Seubert die Bunkerwerft Valentin. Diese gigantische Anlage in Bremen, deren Bau zwischen 1943 und 1945 weit über 1000 Zwangsarbeiter*innen das Leben kostete, sollte der deutschen Kriegsmaschinerie durch den massenhaften Bau von U-Booten zum Sieg verhelfen. Der in Bremen lebende Zeichner Jens Genehr hat sich in seinem Comic-Debüt Valentin der U-Boot-Werft angenommen und zeigt – nebeneinander montiert – die Perspektive der Täter*innen wie auch der Opfer.
Johann Seubert hat als Fotograf die Aufgabe, die Arbeiten zu dokumentieren, den „Beitrag der Kriegsmarine zum Endsieg“. Versteckt hinter seiner Kamera blendet er die Entwürdigung und Ausbeutung der Zwangsarbeiter*innen aus und zeigt stattdessen heroische Posen und imposante Baustellenperspektiven. Die Fotos der realen Person Seubert haben Jens Genehr als Vorlage für seine eindrücklichen Zeichnungen der Anlage gedient. Daneben steht die Perspektive des französischen Zwangsarbeiters Raymond Portefaix, der 1947 seine Erinnerungen in Buchform veröffentlicht hatte. Die beiden Protagonisten begegnen sich im Comic nur wenige Male zufällig, es entspinnt sich keine Story, die beide verbinden würde, Täter und Opfer teilen nicht dieselbe Erinnerung, was insbesondere nach der Befreiung und dem Kriegsende deutlich wird; während Johann Seubert problemlos als entnazifiziert gilt und ein unauffälliges Leben führen kann, weiss Raymond Portefaix: „Du weisst, was man über die Hölle sagt? Sie geht nicht vorbei, sie währt ewig.“
Das Konzept, die beiden Perspektiven unverbunden stehen zu lassen, ist klug gewählt. Seubert interessiert sich schlicht nicht für das Schicksal der Menschen, die ihm täglich begegnen, während Portefaix zurecht Abscheu gegenüber seinen Peinigern empfindet. Leider konzentriert sich Genehr vor allem auf Porträts seiner Personen, deren Gesichter merkwürdig ungerührt wirken. Eindrücklich sind jedoch die klaren Zeichnungen der Architektur der Anlage und des Gefangenenlagers, aber auch Portefaix‘ Erinnerungen an jene Momente, die in anderen Chroniken ausge-spart würden – an Selbstverletzungen und Kannibalismus aus Verzweiflung. Diese Bilder bleiben.
Jonas Engelmann
Jens Genehr: „Valentin“.
Golden Press 2019, 240 S., Hardcover, s/w,
EUR 32 / CHF 37.-
Gefangen zwischen Begehren und Enttäuschung, seufzt Krazy Kat in einem Strip aus dem Jahr 1925 in seinem eigentümlichen, verspielten Englisch: „Oy, it’s awful for be lidding a dubbil life“. Eine Anspielung, die weit über die Krazy-Kat-Reihe hinausweist: Erst 1971, knapp 30 Jahre nach seinem Tod, stellte sich heraus, dass der 1880 in New Orleans geborene Herriman einen afroamerikanischen Familienhintergrund hatte, seine Eltern waren, als er zehn Jahre alt war, dem Rassismus der Südstaaten entflohen und nach Los Angeles gezogen. Dort hatte die relativ hellhäutige Familie die Möglichkeit, ein Leben als Weisse zu führen.
Einige Jahre später begann er in New York seine Karriere als Comic-Zeichner und entwickelte 1930 den Strip Krazy Kat. Eine Katze liebt eine Maus, bedingungslos und obsessiv, die Maus dagegen pfeffert der Katze wieder und wieder Ziegelsteine an den Kopf, „sein ganzes Sinnen und Streben gilt dem Wunsch, der Katze Schmerzen zuzufügen“, wie es Alexander Braun, Herausgeber der nun veröffentlichten gesammelten farbigen Sonntagsstrips, zusammenfasst. Das schwierige Verhältnis zwischen Krazy Kat und Ignatz Mouse wird ausbalanciert durch Offica Pupp, einen naiven Hund im Rang eines Polizeioffiziers, der Zuneigung zur Katze verspürt und sich zum Ziel gesetzt hat, sie vor der Maus zu beschützen.
So die simple, von 1913 bis 1944 immer wieder aufs Neue variierte Ausgangssituation von Krazy Kat. Herriman hat mit seinem Strip die Grundidee des Zeitungs-Comics auf die Spitze getrieben; täglich beginnt die Story um die drei ungleichen Tiere bei null, darf die Katze erneut auf die Liebe der Maus hoffen, nur um am Ende enttäuscht und von einem Stein getroffen zu werden. Es gibt keine Entwicklung, kein Fortkommen, keinen Ausweg. Und auch keinen Beginn der unglücklichen Liebesgeschichte, keinen Ursprung, kein Altern und kein Happy End.
Mit dem Wissen um Herrimans familiären Background, seine Erfahrungen mit Alltagsrassismus und dem Zwang, sich als jemand anderes ausgeben zu müssen, bekommen die Stories um Krazy Kat, Ignatz Mouse und Offica Pupp eine weitere Dimension. Sie bilden auch den Versuch der Protagonisten ab, den Zuschreibungen und Erwartungen zu entkommen, die mit Hund, Katze oder Maus verbunden sind, doch geraten sie dadurch in neue Zwangsverhältnisse, aus denen es ebenso wenig ein Entkommen gibt wie aus Herrimans Performance als weisser Amerikaner.
Jonas Engelmann
Alexander Braun (Hg.): „George Herrimans ‚Krazy Kat‘.
Die kompletten Sonntagsseiten in Farbe, 1935–1944“,
Taschen 2019, 632 S., Hardcover, farbig,
EUR 150 / CHF 204.-
Basquiats Werk losgelöst von seiner Biografie zu betrachten, ist fast unmöglich; seine Kunst wird überlagert von der Geschichte seines kometenhaften Aufstiegs vom Strassenkünstler hin zum gefragtesten Künstler der 80er-Jahre. Hinzu kommt sein Tod mit 28 Jahren, als er gerade dabei war, der erste afroamerikanische Star der Kunstszene zu werden. Basquiats rasanter Erfolg, seine Kollaboration mit Andy Warhol und das jähe Ende nährt noch heute den Mythos um ihn. Der italienische Illustrator und Comic-Künstler Paolo Parisi hat sich nach seinen Comics über Billy Holiday bzw. John Coltrane nun dem Leben von Jean-Michel Basquiat zugewandt. Grundlage hierfür waren die beiden sehr unterschiedlichen Biografien über den Künstler, von Phoebe Hoban bzw. Michel Nuridsany. Parisi versucht, dem Menschen Basquiat nahezukommen, indem er Zitate und Erzählungen der ihm Nahestenden verwendet. Neben Basquiats Vater kommt seine langjährige Freundin Suzanne Mallouk zu Wort, dann Wegbegleiter wie Keith Haring und Andy Warhol, seine Galeristen und natürlich auch er selbst.
Parisi hat seine realistischen Zeichnungen im Stil der Love&Rockets-Comics gehalten, sie aber zusätzlich in den knalligen Farben Grün, Rot, Blau und Gelb koloriert. In der reduzierten Farbästhetik kommt Parisis Erfahrung als Illustrator gut zum Ausdruck, was den Comic künstlerisch interessant macht. Einer der stärksten Momente: Als Parisi das gestörte Verhältnis zwischen Basquiat und seinem Vater erzählt, bei dem er aufgewachsen ist. Basquiats Mutter hatte sich früh von seinem Vater getrennt, sie war sehr interessiert an Kunst, zeichnete und malte selbst auch, erkrankte jedoch später psychisch. Basquiat riss mit 17 Jahren von zuhause aus, suchte sich eine neue Familie und fand sie in der New-Wave-Szene New Yorks, in der Pop-, Punk- und Hiphop-Kultur der 80er-Jahre und natürlich in der Kunst-Szene, vor allem in seinem Vaterersatz Andy Warhol. Parisi ist eine aussergewöhnliche Comic-Biografie gelungen, die neugierig darauf macht, Basquiat mit einem anderen Blick zu betrachten.
Matthias Schneider
Paolo Parisi: „Basquiat“. Englisch,
Laurence King Verlag, 130 S.,
Hardcover, farbig,
EUR 16.40 / CHF 25.15
Luke Pearson beendet seine erfolgreiche und inzwischen auch filmisch in Serie gegangene Reihe um die Figur Hilda mit dem sechsten Band Hilda und der Bergkönig. Dramatischer geht’s kaum, Hilda steckt nämlich im Körper eines Trolls, der tagsüber zu Stein wird, während ein anderer Troll an ihrer Stelle bei Hildas Mutter lebt. Es kostet alle Beteiligten einige Anstrengung, um die Ordnung wiederherzustellen. Der Abschluss der Serie ist Pearson auf geradezu epische Art geglückt, das Album ist Seite für Seite ein Augenschmaus.
Luke Pearson: „Hilda und der Bergkönig“.
Reprodukt, 80 S., Hardcover, farbig,
EUR 20 / CHF 31.90
Augustin Ferrer Casas setzt sich durchaus kritisch mit Mies van der Rohe auseinander. Zwar attestiert er ihm, ein visionärer Architekt zu sein, menschlich kommt er in der aufwendig gezeichneten Comic-biografie aber weniger gut weg. Die Kunst-historiker*innen unter den Leser*innen werden besonders ihren Spass haben.
Auch Der Pavillon widmet sich einem bekannten Architekten der Moderne – extrem detailliert und mit zahlreichen Fussnoten widmet sich Andreas Müller-Weiss dem späten Le Corbusier und einem Mord, der sich 1996 in einer seiner Villen in Südfrankreich zugetragen hat. Biografie, Kunstgeschichte sowie Architekturkritik und Krimi verschmelzen in der fast malerisch gestalteten und mit kleinen grafischen Gimmicks versehenen Geschichte zu einem grossen Lesegenuss.
Augustin Ferrer Casas: „Mies“.
Carlsen, 176 S., Hardcover, farbig,
EUR 20 / CHF 31.90
Andreas Müller-Weiss: „Der Pavillon“.
Edition Moderne, 64 S., Hardcover, farbig,
EUR 29 / CHF 36.90
Thierry Smolderen hat sich für McCay mit dem Illustrator Jean-Philippe Bramanti zusammengetan, der die Mischung aus Biografie, Fantasy und tödlichem Thriller in düstere, kontrastreiche Zeichnungen taucht. Eine Parabel über die Imaginationskraft von Künstlern und Kindern. Leser*innen, die sich vor allem biografische Erkenntnisse erhoffen, werden sich im Mystery-Dickicht leicht verlieren, alle anderen jedoch bestens unterhalten.
Thierry Smolderen & Jean-Philippe Bramanti: „McCay“.
Carlsen, 224 S., Hardcover, farbig,
EUR 36 / CHF 52.90
Von den Absurditäten der globalen Arbeitsmigration erzählt Ferngespräch von Sheree Domingo. Als die Grossmutter im Sterben liegt, fährt die in Deutschland lebende Filipina Bel in die Heimat. Für die Schwester und deren Tochter reicht das Geld nicht. Die muss weiterhin im Altenheim arbeiten und nimmt ihre Tochter mit. Anstelle ihrer Oma lernt sie dort eine alte deutsche Dame kennen. Domingo erzählt die berührende Geschichte in poetischen Bildern, die immer wieder traumartig zerfliessen.
Sheree Domingo: „Ferngespräch“.
Edition Moderne, 96 S., Softcover, farbig,
EUR 24 / CHF 27.90
Der französische Verlag Glénat hat bereits mehrere Bände mit Geschichten von Micky Maus veröffentlicht, die von Autoren-Zeichnern wie Lewis Trondheim, Loisel, Tébo, Keramidas oder Cosey stammen. Das sind manchmal Kommentare, manchmal Interpretationen, auf jeden Fall aber Hommagen an Disneys Ur-Figur. Nun erscheint mit Micky – All Stars ein Band mit Geschichten von 50 Zeichner*innen (darunter gerade mal zwei Frauen!), die je eine Seite gestalteten. Im ersten Panel jeder Seite kommt Micky durch eine Türe, um im letzten Bild durch eine weitere Türe in die folgende Geschichte zu gelangen … und so weiter. Es ist ein wildes, in Tonart und Zeichenstil sehr abwechslungsreiches Spektakel, für das mit Ulf K, Flix und Sascha Wüstefeld auch drei deutschsprachige Zeichner je eine Seite beigesteuert haben.
Diverse: „Micky – All Stars“.
Egmont, 48 S., Hardcover, farbig,
EUR 29 / CHF 43.90
Christian Egger
*1953 in Zürich. Mitbegründer von Radio Banana und dem Untergrundmagazin Stilett. In den 1970er- und 80er-Jahren Betreiber eines Second-Hand-Ladens, Koch im AJZ und später, ganz legal, Wirt der legendären Restaurants Café Boy, Tessinerkeller, Grüntal und – aktuell – Schiwago.
AUDIO> Interview mit Christian Egger
Roli Fischbacher
*1956 in Solothurn. Dozent an der Hochschule der Künste Bern. In den frühen 80ern war er bei den Zeitschriften Eisbrecher und Subito redaktionell und gestalterisch tätig. Danach initiierte er zusammen mit stadtbekannten Aktivisten die Fabrikzeitung. Seit Jahrzehnten ist er Mitherausgeber von STRAPAZIN.
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Olivia Heussler
*1957 in Zürich, war in den 80ern in einer Arztpraxis tätig, begann aber zur selben Zeit als freie Fotografin zu arbeiten, was sie noch immer tut. Ihre Bilder zeigt sie bis heute an internationalen Ausstellungen und in ihrem Online-Archiv.
oliviaheussler.com
AUDIO> Interview mit Olivia Heussler
Markus «Punky» Kenner
*1956 in Zürich, war ab 1976 in verschiedenen alternativen Zürcher Kulturinstitutionen tätig, später als Musikredaktor bei Radio DRS 3, Mediendokumentalist und Archivar der Jugendbewegung.
AUDIO> Interview mit Markus «Punky» Kenner
Boni Koller
*1961 in Zürich, gründete 1978 seine erste Band Nilp, wurde später bekannt als Sänger und Texter von Baby Jail und Schtärneföifi. Arbeitet als Musiker und Autor, zurzeit schreibt er einen Jugendroman.
www.bonikoller.ch
AUDIO> Interview mit Boni Koller
Fredy Meier
*1955 in Wil (ZH) auf einem Bauernhof. Buchhändlerlehre in Zürich, Aktivist der ersten Stunde. Erlangte Bekanntheit, als er unter dem Pseudonym «Herr Müller» in einer TV-Sendung zu den Zürcher Jugendunruhen seine konservativen Diskussionspartner*innen verarschte. Später als Masseur und Jugendarbeiter tätig.
AUDIO> Müllersendung
Josy Meier
*1958 in Zürich. Aktivistin der Zürcher Jugendbewegung 1980. Studium: Deutsche Film- und Fernsehakademie Berlin und Soziale Arbeit an der Hochschule Luzern. Hauptjob: Drehbuchautorin & -beraterin.
AUDIO> Interview mit Josy Meier
Rams Ramseier
Aufgewachsen in Maur am Greifensee. Mitglied in diversen Bands: von 1977 bis 1979 Bassist der Nasal Boys, 1979-1987 Bassist und Sänger von The Bucks. Heute Frontmann der Band RAMS.
www.rams-music.com
AUDIO> Interview mit Rams Ramseier
Sara Schär
*1964 in Zürich. Von 1978 bis 1982 Sängerin von TNT, später von den Bands The Kick und Souldawn. Heute betreibt sie einen Service für Filmmusikrechte und ist Sängerin und Bassistin im Frauentrio One Two Three.
www.movietracks.ch
AUDIO> Interview mit Sara Schär
Christoph Schuler
*1954 in Zürich. In den 80er-Jahren Herausgeber von Untergrundzeitschriften, Mitarbeit bei Piratenradiosendern und Bierverkäufer im AJZ. Arbeitet heute als Übersetzer, Comic-Autor, Redaktor und Mitherausgeber von STRAPAZIN.
AUDIO> Interview mit Christoph Schuler
Achmed von Wartburg
*1959 in Basel. Widmete sich ab 1975 ausschliesslich der Kunst, zuerst mit der Malerei, ab 1985 als Sänger und Autor der argentinischen Tangomusik, seit 2016 vollumfänglich seiner
Tai-Chi-Praxis. 1980 war er bei jeder Demo dabei, 1982 kandidierte er erfolglos fürs Stadtpräsidium mit dem Motto «Wählt den Schönsten».
AUDIO> Interview mit Achmed von Wartburg
Simon Beuret
*1991. Auch mit Vocoder schaffte Simon Beuret es nicht, im Rap-Game erfolgreich zu werden. Also zeichnet er weiterhin Comics. Einzelausstellung am Fumetto 2019.
simonbeuret.ch
Lawrence Grimm
*1978 in Zürich, studierte Film an der Zürcher Hochschule der Künste. Heute ist er STRAPAZIN-Verlagsleiter und pflegt sein Cartoon-Werk Teatime for a Universe.
www.teatimeforauniverse.com
Patricia Keller
*1984, studierte an der Hochschule Luzern Illustration Fiction. Sie lebt und arbeitet heute unter dem Namen «pattriz» als Illustratorin in Zürich.
www.pattriz.ch
Simon Kiener
*1988 in Bern. Ausbildung zum Grafiker in Biel, Studium der Illustration an der Hochschule Luzern und in Leipzig. Das Vermischen von Beobachtungen aus Alltag und Fiktion sind ein zentraler Aspekt seiner Arbeiten.
www.simonkiener.ch
Koostella
*1979 in Curitiba (Brasilien), Autor diverser Comic-Alben wie z.B. Gefangene – sem saída oder Europa. Seit 2010 lebt er in Basel, wo er als freier Illustrator und Zeichenlehrer arbeitet und das internationale Self-Publishing-Festival Comicfest organisiert.
koostella.blogspot.com
Silvain Monney
*1993. Nach einer Kindheit voller Romane, Comics und Filme studierte er an der Hochschule Luzern. Heute arbeitet er als Animator und Illustrator.
www.silvainmonney.ch
Kati Rickenbach
*1980 in Basel. Sie lebt in Zürich, illustriert und zeichnet (am liebsten) Comics oder macht Live-Auftritte zusammen mit Musiker*innen und Texter*innen an Lesungen und in Schulen.
www.katirickenbach.ch
Talaya Schmid
*1983. Co-Gründerin des Zürcher Film-Kunst-Festivals Porny Days, Künstlerin und Dozentin.
talaya.kleio.com
Milva Stutz
*1985. Sie studierte bildende Kunst, Kunstvermittlung und Illustration in Zürich, Luzern und Edinburgh und ist Dozentin an der Zürcher Hochschule der Künste und an der Hochschule der Künste Bern.
www.milvastutz.ch
Nando von Arb
*1992 in Zürich, Ausbildung als Grafiker, 2018 Abschluss in Illustration Fiction an der Hochschule Luzern. Arbeitet als freier Grafiker und Illustrator in Zürich.
www.nandovonarb.ch