Nr:130

  • Cover: Corinne Odermatt
Alle Texte in Deutsch und Portugesisch / Todos os textos em alemão e português

EDITORIAL

DE:

Die letzte Kollaboration zwischen Strapazin und Fumetto fand 2015 mit Russland als Partnerland statt (Strapazin Nr. 118). Drei Jahre später fanden wir, es sei höchste Zeit, wieder ein gemeinsames Projekt in ähnlichem Ausmass auf die Beine zu stellen. Also setzten Jana und ich uns zusammen und langsam begann das «MAGMA» zu brodeln. Zur selben Zeit kontaktierte uns ein langjähriger Strapazin- und Fumetto-Freund, Nik Neves. Er schwärmte von der brasilianischen Comic-Szene und uns wurde bewusst, dass bislang weder Fumetto noch Strapazin sich mit der südamerikanischen Comic-Kunst auseinandergesetzt hatten. Comics aus Südamerika sind in der Schweiz noch weitgehend unbekannt und die Schweizer ZeichnerInnen–Szene hat bisher keine Anknüpfungspunkte an das brasilianische Comic–Schaffen.
Dasselbe gilt für Brasilien: Auch dort gab es bisher kein Fenster zur Schweizer Comic-Kunst. Also höchste Zeit, dies zu ändern!

Innerhalb der südamerikanischen Comic-Kultur haben brasilianische Comics einen (sprachlich bedingten) Sonderstatus – ähnlich der Schweiz mit ihrem «Schwyyzertüütsch». Sie entwickeln sich relativ unabhängig von den Nachbarstaaten und weisen dadurch charakteristische Züge auf. Viele brasilianische Zeichnerinnen und Zeichner verfolgen die Entwicklung eigener künstlerischer Ausdrucksformen abseits des Mainstream. Bei unseren Recherchen sind wir somit auf eine Vielfalt von überraschenden und beeindruckenden Trouvaillen gestossen, die wir euch in diesem Heft und an der entsprechenden Ausstellung am Fumetto freudig präsentieren. Strapazin und Ausstellung sind zwei Teile desselben Projektes «MAGMA». Dazu weiter unten gleich noch mehr.

Um dem Länderthema eine weitere Eben zu geben, entschieden wir uns, die zehn beteiligten KünstlerInnen durch einen gemeinsamen Schmelzkessel an Inspirationen zu verbinden. Auf einer digitalen Plattform sammelten die MAGMA-KünstlerInnen in einem ersten Schritt allerlei Inspirationsmaterial. Dieser gemeinsame Pot an Bildern und Kommentaren diente in einem ersten Schritt dem Kennenlernen und Austausch. Anschliessend bedienten sich die KünstlerInnen aus diesem Schmelzkessel und widmeten sich den in ihm brodelnden Fragen für die Seiten, die ihr gerade in den Händen haltet. Die nehmt ihr am besten gleich mit an die Ausstellung am Fumetto Festival (14.-22. April 2018) – und nach São Paulo. Denn dorthin wandert sie diesen Herbst.
Hier und jetzt steht MAGMA für die gemeinsame Inspirationsquelle, für einzelne kreative Ausbrüche, manchmal ineinander fliessend, sich kristallisierend und schliesslich den Boden bildend für das, was danach kommt. Gemeinsam mit MAGMA wird am Fumetto die Ausstellung El Volcán zu sehen sein, an der Comics aus allen Ländern Südamerikas gezeigt werden.
Das Magma, das aus dem Vulkan hervorgestossen wird, ist atemberaubend schön und faszinierend, bringt aber auch Verformung und Zerstörung mit sich: eine fesselnde, mysteriöse Angelegenheit.

Aber genug der Worte! Jetzt wünschen wir euch viel Spass beim Lesen der Geschichten! Mehr zu den Beiträgen und zu «MAGMA» erfahrt ihr zudem im Text von Pedro Moura auf Seite 17.

Talaya Schmid, Redakteurin bei Strapazin und Jana Jakoubek,
Künstlerische Leiterin, Fumetto Comix-Festival

14.-22. April 2018
Fumetto Int. Comix-Festival,
Luzern
www.fumetto.ch

Sa 21. April 2018
Vernissage Ausstellung
MAGMA
Kapelle Rössligasse 12,
Luzern

PT:

A última colaboração entre a revista Strapazin e o festival Fumetto ocorreu em 2015, tendo a Rússia como país parceiro (Strapazin n.º 118). Três anos depois, acreditamos que chegou a hora de colocarmos em prática outra vez um projeto de dimensão semelhante. Jana e eu nos reunimos com esse objetivo, e foi aí que o “MAGMA” começou a fervilhar. Nessa mesma época, Nik Neves, um amigo de longa data da Strapazin e do Fumetto, entrou em contato conosco. Seu entusiasmo pela cena de quadrinhos no Brasil fez-nos perceber que até então nem o festival nem a revista haviam se voltado para a arte de quadrinhos sul-americana. As HQs da América do Sul ainda são amplamente desconhecidas na Suíça, e a cena de desenhistas daqui não tem nenhuma relação com a criação de quadrinhos no Brasil. A recíproca também é verdadeira: até agora, não há no Brasil uma janela que dê vista para a arte dos quadrinhos da Suíça. Hora de mudar isso!

No que diz respeito ao idioma, os quadrinhos brasileiros possuem uma condição especial dentro da cultura de quadrinhos sul-americana – algo parecido com a Suíça e sua variante do idioma alemão. Esses quadrinhos apresentam traços característicos ao se desenvolverem em relativa independência dos países vizinhos. Muita(o)s desenhistas brasileira(o)s buscam uma forma de expressão artística própria, longe do mainstream. Assim, em nossas pesquisas deparamo-nos com uma multiplicidade de achados surpreendentes e impressionantes, que com prazer apresentamos a vocês nesta edição e na respectiva exposição no festival Fumetto. A seguir, outras informações sobre isso.

Para acrescentar uma nova dimensão ao tema “encontro de culturas”, decidimos unir os 10 artistas participantes – quatro posições de cada país – por meio de uma caldeira coletiva de inspirações. Num primeiro passo, a(o)s artistas de “MAGMA” reuniram em uma plataforma digital toda sorte de material de inspiração. Esse caldeirão coletivo de imagens e comentários serviu para que tod(a)os se conhecessem e trocassem ideias. Num segundo passo, a(o)s artistas serviram-se desse caldeirão – e das efervescentes questões em seu interior – para produzir as páginas que agora vocês têm em mãos. Sugerimos que vocês tragam essas páginas ao visitar a exposição no festival Fumetto (de 14 a 22 de abril) e as levem também para São Paulo, para onde a exposição irá no último trimestre de 2018.

Aqui e agora, “MAGMA” passa a significar a fonte comum de ins-piração, as erupções criativas individuais que muitas vezes fluem umas nas outras, cristalizando-se e por fim formando o solo para o que vem depois. Junto com “MAGMA”, o festival Fumetto também exibirá a exposição El Volcan, com quadrinhos de todos os países da América do Sul.
O magma expelido dos vulcões é de tirar o fôlego de tão lindo e fascinante, mas também traz consigo deformação e destruição: um acontecimento cativante e misterioso.

Mas chega de palavras! Desejamos que vocês se divirtam com a leitura das histórias! Outras informações sobre as HQs e sobre “MAGMA” encontram-se no texto de Pedro Moura na página 17.

Talaya Schmid, editora da Strapazin, e Jana Jakoubek,
diretora artística do festival de quadrinhos Fumetto.

14 – 22 de abril de 2018
Fumetto – Festival
Internacional de
Quadrinhos de Lucerna
www.fumetto.ch

Sábado, 21 de abril de 2018
Vernissage da exposição
MAGMA
Kapelle Rössligasse 12,
Lucerna

MAGMA

Pedro Moura DE:

Vielleicht ist es dir schon mal passiert. Vielleicht wird es dir demnächst passieren. Du gehst die Strasse entlang, du wartest am Flughafen oder du gehst zu einer Party mit vielen dir unbekannten Menschen. Du siehst jemanden an, der etwas entfernt steht, und eure Blicke treffen sich. Dann bist du abgelenkt, wendest dich woanders hin, gehst weg und der Blickwechsel ist perdu. Dieses Gesicht wird dir im ganzen Leben nicht wieder begegnen. Du weisst, dass das eben etwas war, das so vergänglich ist wie das Atmen. Dennoch schwörst du, du hättest in diesem kurzen und tiefgehenden Augenblick Liebe empfunden. Oder gar Leidenschaft.
Ich bin mir nicht sicher, ob wir dieses Phänomen mit der Liebe vergleichen können, die in dauerhafteren Beziehungen zutage tritt – einer Liebe, die sich mit jedem Tag weiter formt, Tag für Tag, aber jene kurzlebigen Leidenschaften bilden die Säule von allem Übrigen. Diese Augenblicke geschehen nicht nur, weil du existierst (dein Körper und deine Erinnerungen, deine Erfahrungen und deine Erwartungen, deine Phantasien und Vorhaben); sie sind auch ein Beitrag zum Aufbau deines Selbst. Alles, was du hast, wird in diese flüchtige Begegnung gelegt, alles, was dich ausmacht und was in dir steckt, wird dank solcher Begegnungen neu vermischt. Es gibt jedoch noch einen weiteren wichtigen Aspekt. Vielleicht existiert ein Ort, eine Ebene ausserhalb der bekannten Dimensionen, wo alle Dinge bereits existieren und wohin sie auch wieder zurückgehen, nachdem sie greifbare Materie gewesen sind. Diese Ebene könnte Platons “Welt der Ideen” entsprechen. Oder dem, was Goethe das “Reich der Mütter” nannte. Ein Ort, an dem die Dinge keine endgültige Form besitzen und sich unaufhörlich im Wandel befinden. Was sie ausmacht, ist Plastizität, Bewegung, Auflösung und Verdichtung, Zuneigung und Interpretation, Spannung und Unbestimmtheit. Dieser Ort ist widersprüchlich, anachronistisch, nicht linear und nicht kausal. Er ist machtvoll und besticht durch seine Offenheit und Anziehungskraft.

Die Künstler, die dieses Magma vereint, hatten eine solche Begegnung. Dieser Treffpunkt ist eine Art Wunderkammer, ein “Kuriositätenkabinett” – mit weit geöffneten Türen. Alle waren aufgefordert, ein neues Objekt mitzubringen und damit die leeren Regalborde zu füllen oder mit den bereits dort befindlichen Objekten irgendetwas anzustellen. So stöberten sie erst einmal in ihren eigenen Archiven, durchwühlten ihre Truhen, die alle ganz unterschiedlich, aber sämtlich reich gefüllt und voller Überraschungen waren. Mitunter gar erschreckend. Nach dieser Phase des Sammelns wurde ein virtueller Ort geschaffen, in dem sie eine Menge Bilder ihrer ‘Lese’ teilten (in Anspielung auf den bekannten Film von Agnès Varda), die auf die eine oder andere Weise einen Bezug zu dem Schlüsselbegriff des Projekts aufwiesen und auch die Interessen, Obsessionen und Arbeitsmethoden der einzelnen Künstler widerspiegelten. Oder die einfach ins Innere des Schmelzkessels hineingeworfen wurden, in der Hoffnung, die Vermischung würde eine aufregende Richtung ergeben, die anderen Teilnehmer überraschen oder auf sie überspringen. Durch diese temporär gemeinsam genutzte Wunderkammer tat sich ein Spalt auf zum geheimnisvollen Reich der Mütter.
Die Bilder überquerten Ozeane aus Bytes, Atlantikwasser und unterschiedlichsten Erfahrungen, in Erwartung einer Umwandlung des Materials durch geologische Kräfte zur Bildung von neuem fruchtbaren Humus.

Etymologisch bedeutet “Magma” Bodensatz, das heisst, der Rückstand von etwas, der nach einer bestimmten Reaktion bleibt. Der Gebrauch des Begriffs im Bereich der Geologie ist moderner, er geht ca. auf die Mitte des 19. Jahrhunderts zurück. Geologisch bedeutet er “geschmolzenes Gestein”, aber seine Verbreitung geht über diese Fachdisziplin hinaus. Dennoch sollte er, um des präzisen Umgangs mit Fachbegriffen willen, ausschliesslich zur Bezeichnung von Material gebraucht werden, das sich unter der Erdoberfläche bewegt, sie aber auf verschiedene Weise durchbrechen kann. Was die Vorstellung von etwas verstärkt, das zwar verborgen, aber nah ist, etwas, das ganz in der Nähe sein Unwesen treibt und das jeden Augenblick in Erscheinung treten kann – genau das, was auch beim Ausdruck “Reich der Mütter” in Faust mitschwingt.
Magma hat nicht eine einzige Zusammensetzung. Ebensowenig ist die Bildung von Magma nur von einer einzigen Voraussetzung abhängig. Ganz im Gegenteil – es ist eine komplexe Substanz aus einer Vielzahl von Elementen unterschiedlicher Vorkommen, die diversen Kontexten entstammen und ganz unterschiedliche Eigenschaften besitzen. Die Gemeinsamkeit ist der flüssige Zustand, die Bewegung und die Heterogenität… Heiss verändert und verwandelt es sich selbst. Kein Wunder also, dass sich beobachten liess, wie das Wort zum Synonym für “Gesamtheit ungleicher Elemente” wurde, um beispielsweise die Biografie eines Autors als “ein Magma aus Erinnerungen, Eindrücken, Mythen etc.” oder einen Film als “ein Magma von verschiedenerlei Gefühlen” zu bezeichnen. Und wenn man die Bilder, die die Künstler ausgewählt und miteinander geteilt haben, genau betrachtet, kommt man vielleicht zu demselben Schluss. Denn was könnte Nachtclubs im Hollywood der 1940er-Jahre und handgemalten Schildern von Rasierstuben in Kenia gemeinsam sein? Oder wie lassen sich Poster mit russischen Eisspezialitäten und postindustrielle Ruinen oder Glitches in Google Maps in einen Zusammenhang bringen?
Die Künstler sind vor dieser grossen Vielfalt unterschiedlichen Materials und der vermeintlichen Unmöglichkeit, diese in ihren Kreationen zu vereinen, nicht zurückgeschreckt. Im Gegenteil – mit Augenmerk auf das, was dieses Material bot, gingen sie in ihrer eigenen Dynamik darauf ein. Kommen wir auf Goethe zurück, der in seinen Schriften über die Kunst fragt: “Aber was ist das Äussere einer organischen Natur anderes, als die ewig veränderte Erscheinung des Innern?”, und er ergänzt, dass “beide Bestimmungen, die äussere und die innere, im ruhigen Dasein sowie in der stärksten Bewegung stets im unmittelbarsten Verhältnisse stehen”. Unsere Künstler haben tief ins zwischen ihnen fliessende Magma geblickt, entdeckten Formen, die entstanden und wieder vergingen, und schliesslich schufen sie neue, in Strapazin-Form zu bannende Stoffe. Und so werden im Rahmen des Internationalen Comic-Festivals Fumetto – die raison d’être dieses ganzen Projekts und Anstiftung zu dieser verbindenden Begegnung – die bunt zusammengewürfelten Ergebnisse des Magma präsentiert: Von in mehr oder weniger konventionellem Stil dargebotenen Comics über mehr essayistische oder experimentelle Beiträge bis hin zu Gemälden, Kunstobjekten und Installationen.
Wie zu erwarten war, machten nicht alle Künstler vom Schmelzkessel in direkter Weise Gebrauch. Bei manchen ist der Bezug augenfällig, wenn auch die Originalmaterialien kondensiert wurden, um neue Kontexte und Bedeutungen zu erschaffen. Bei anderen war die Reaktion ganz anders geartet, aber in derselben Geisteshaltung vollzogen. Bei derart unterschiedlichen Werken gemeinsame rote Fäden zu finden, so als bestünde ein stiller Dialog zwischen den Anliegen der Künstler, ist überaus lohnenswert.

In fast allen Werken liesse sich die Rolle von Dichotomien wie “Inneres/Äusseres”, “Natur/Kultur”, “Kindheit/Erwachsenenalter”, “Individuum/Gesellschaft” diskutieren. Aber obwohl ich sie bei meiner Lektüre wahrnehme, möchte ich das Augenmerk auf eine andere Gemeinsamkeit legen: das Thema “Identität”.
Diego Gerlach diskutiert dieses Thema auf eine konfrontative Weise. Stereotype existieren und können benutzt werden, um Menschen zu verletzen, um im Kopf vereinfachende Kategorien zu erschaffen oder um leichter “das Eis brechen” zu können, wenn wir jemandem begegnen, auf den sie “zutreffen” könnten. Aber Stereotype sind auch plastisch. Vor allem eignen sie sich, so wie Gerlach sich ihrer bedient, als Schalthebel, um unsere eigenen vorgefertigten Vorstellungen und die Bedingungen, denen unsere Werturteile unterliegen, zu überdenken. Rafael Coutinho begibt sich beim Hinterfragen unserer eigenen Identität in andere Gefilde. Obwohl seine persönlichen Erfahrungen im Mittelpunkt stehen, geht Coutinho ein in Brasilien gegenwärtig sehr drängendes Thema an, vielleicht ohne elegante Worte zu wählen, mit Fokus auf Identitätspolitik.
Anete Melece wiederum zeichnet eine schlichte und bewegende kurze Geschichte über ihre Kindheit auf dem Land, wo sie sich die Hände mit Erde schmutzig machte und mit allen möglichen Tieren und Pflanzen spielte. Darin zeigt sie das vertraute Verhältnis zur Natur, das im posturbanen Leben von heute meist völlig fehlt. Und was bedeutet im Grunde dieses Verhältnis von einem “älteren” Wir und einem “Wir-von-heute”? Diese Frage stellt offenbar das Ampel-Team (Anja Wicki, Luca Bartulovic und Andreas Kiener), das ebenso in Kindheitsnostalgie schwelgt, allerdings nicht in realistischen Szenen, sondern in einer fantastischen, bisweilen verstörenden Erzählung darüber, wie Kinder als Schutzmechanismus ihre eigene Fantasie zur Bewältigung einer gewalttätigen Umgebung oder Erziehung einsetzen, und über soziale Integration, Akzeptanz und das, was tief in unserem Inneren wohnt. Wenn wir Begriffe benutzen wie “das wahre Selbst” – sei es in banalen Alltagsgesprächen oder in Selbsthilfeund Selbstmotivationsdiskursen –, welches ist der Unterscheidungsgrad zwischen “Innen-Ich” und “Aussen-Ich”? Und welche Verbindung besteht zwischen den beiden? Komplementarität? Addition? Garantierte gegenseitige Zerstörung?
Die Künstlerin Fanny Vaucher antwortet auf dieselbem Fragen, indem sie eine kleine metaphorische und fantasmagorische Geschichte kreiert, in der sie die Idee eines separatistischen Innenraums aufbringt. Die “schwarze Zone” kann jederzeit in unserem Leben entstehen. Die Reaktion auf sie – eine “Widerstandsmassnahme” – zeigt uns die unvermeidbar komplementäre, wenn auch widersprüchliche, unvollständlige und etwas blödsinnige Dualität zwischen dem “Innen” und dem “Ausssen”, die jene Oberfläche bildet, die wir “Ja” oder “Ich” nennen. Mit anderen Worten, der verborgene Abgrund und die verborgene Extase.
Wenn mit Magma etwas gemeint ist, das unaufhörlich unmittelbar unterhalb der Oberfläche der Dinge in Bewegung ist und dabei Dichotomien auflöst, dann wird dies vielleicht in dem kleinen Theaterstück von Fabio Zimbres am besten illustriert. In einem Raum, der wie ein Luxus-Herrenclub anmutet, der schon bessere Tage erlebt hat, werden wir Zeugen von drei oder vier unterschiedlichen Handlungen einer Reihe unzeitgemässer Personen, die jeweils interpretierbar sind als Stellungnahme zu gesellschaftlichen Themen und zu den Aussichten auf einen Kulturwandel. Ein provokantes Stück, das den Leser anregt, eine Vielzahl von Bedeutungen, mit denen der Autor hantiert, zu interpretieren.
Talita Hoffmann, bildende Künstlerin (Koautorin des wundervollen Kinderbuchs Jacaré, não!), zeigt eine Serie von sechs Gemälden in sanften, aber lebendigen Acrylfarben, die einen Mix vereinfachter visueller Darstellungen von Räumen wie Kinos und Schwimmbädern ohne jegliche menschliche Präsenz zeigen. Auf diesen Bildebenen befinden sich einige mehr oder weniger gut identifizierbare Objekte, gemalt oder auch nur im Umriss dargestellt. Woran kein Mangel herrscht, ist ein an Richter erinnerndes Gefühl der Nostalgie für etwas, das niemals wirklich, sondern nur in unserem Kopf und unserer Fantasie, existiert hat. Und beim Zusammenfügen verschiedener Gewebe und anderer Materialien, erschuf die Installationskünstlerin Corinne Odermatt sechs Flaggen, die als sprichwörtliche Herolde für unsere Faszination für katastrophische Ereignisse, egal ob natürlich motiviert (wie Vulkane), menschlich verursacht (wie Brände in Gebäuden oder Nuklearexplosionen), oder gar eingebildet (die Hölle) verstanden werden können. Zu einem gewissen Grad könnte man sagen, Odermatt sei die “dunkle Zwillingsschwester” von Hoffmann, so als würden beide sich denselben Anliegen widmen, jedoch mit unterschiedlichen Neigungen: Hoffmann wählt eine ruhige Auflösung der Menscheit, während Odermatt einen spektakulären, ja sogar festlichen Abgang vorzieht.

Was nun dieses Magma im Besonderen demonstriert, ist eine Verweigerung, die Welt als eine erschreckende und lähmende “Wirrung” hinzunehmenem. Nein, es erhebt sich als ein Feiern der unaufhörlichen und stets veränderlichen Viellfältigkeit, strotzend von Kraft, die ihr eigener Ursprung ist. Etwas, worin wir uns auf den ersten Blick verlieben können, selbst wenn im nächsten Moment dieser Blick schon für immer vorbei ist.

Pedro Moura

Pedro Moura PT:

Talvez já tenha acontecido com você. Talvez aconteça com você no futuro. Descendo uma rua, esperando no aeroporto ou indo a uma festa com muitas pessoas estranhas. Você olha alguém do outro lado, e seus olhares se cruzam. Depois, você se distrai, se desvia, vai embora, quebrando a troca de olhares. Jamais verá aquele rosto novamente em toda sua vida. Sabe que foi algo tão fugaz quanto respirar. Mesmo assim, você jurará que o que sentiu por esse momento breve e profundo foi amor. Até mesmo paixão.
Não tenho a certeza se podemos comparar isto com o amor que emerge de relações mais duradouras no tempo, um amor que se constrói a cada dia, dia após dia, mas essas outras paixões evanescentes são o pilar de tudo o resto. Não apenas esses momentos ocorrem porque todo o você existe (seu corpo e suas memórias, suas experiências e suas expectativas, suas fantasias e projetos); eles também contribuem para a própria construção de você. Tudo o que você tem é colocado nesse encontro fugitivo, e tudo de você e em você é embaralhado de novo graças a esses encontros.
Mas há ainda uma outra faceta, muito importante. Talvez exista um lugar, um plano extradimensional, no qual todas as coisas existem antes e para o qual elas vão também depois de terem sido matéria tangível. Poderíamos identificar esse plano como o “mundo das ideias” de Platão. Ou então aquilo que Goethe chamou de “domínio das mães”. Um lugar no qual as coisas existem sem forma finalizada e se encontram em mutação incessante. As suas características são a plasticidade, o movimento, a dissolução e a condensação, o afeto e a interpretação, a tensão e o antideterminismo. É um lugar contraditório, anacrônico, não linear e não causal. É potência, sempre aberta e apelativa.

Os artistas reunidos neste Magma tiveram um encontro dessa natureza. O ponto de encontro é uma espécie de Wunderkammer, de “gabinete de curiosidades”, com portas bem escancaradas. Todos foram convidados a trazer um novo objeto e a colocá-lo nas prateleiras vazias, ou a mexer nos objetos que já ali estavam. Primeiro, vasculharam seus próprios arquivos, revirando seus baús, tão diferentes uns dos outros, mas todos bem ricos e surpreendentes. Por vezes, até assustadores. Depois, criaram um locus virtual no qual partilharam um bom número das imagens ‘respigadas’ (citando aqui o famoso filme de Agnès Varda), que, de uma forma ou outra, respondiam à palavra-chave do projeto e que também espelhavam os interesses, obsessões e métodos de trabalho dos artistas individualmente. Ou que simplesmente foram atiradas para o interior do caldeirão, na expectativa de que seriam misturadas em uma direção excitante, surpreendendo os outros participantes ou esperando que salpicasse nos outros. Então, esse momentâneo e partilhado Wunderkammer abriu uma fenda para o misterioso domínio das mães.
As imagens atravessaram os oceanos de bytes, água atlântica e experiências tão divergentes, esperando que forças geológicas agissem sobre esse mesmo material e formassem novos e férteis húmus.

Em termos etimológicos, “magma” significa o sedimento de alguma coisa, isto é, aquilo que é deixado para trás depois de um certo tipo de reação. O seu emprego no âmbito da geologia, significando “pedra derretida”, é mais moderno, de meados do século XIX, mas ganhou um uso rápido para além dessa disciplina específica. Mesmo assim, para sermos mais precisos em termos técnicos, “magma” deveria ser usado somente em referência àquele material que se move sob a superfície da terra, mas que pode atravessá-la de vários modos. O que reforça a ideia de algo que está oculto, mas, ao mesmo tempo, tão perto, algo que assola próximo e que pode surgir a qualquer momento – exatamente o que está implícito na expressão do “domínio das mães” no Fausto.
O magma não tem uma composição única. Não é sequer formado sob uma única circunstância. Bem pelo contrário, trata-se de uma substância complexa, feita de muitos elementos, com distribuições diferentes, provindo de contextos distintos e com características bem dissimilares. O seu traço comum é a sua fluidez, seu movimento, sua heterogeneidade… quente, ela se reforma e se transforma a si mesma. Não será surpreendente, então, perceber que a palavra veio a ser usada quase como sinônimo para “conjunto de elementos díspares”, quando se descreve, por exemplo, a biografia de um autor como “um magma de recordações, impressões, mitos etc” ou um filme como “um magma de sentimentos diferentes”. E, observando com atenção as imagens selecionadas e trocadas entre os artistas, talvez pudéssemos chegar a essa mesma conclusão. Afinal, o que há em comum entre clubes noturnos da Hollywood dos anos 1940 e painéis publicitários pintados à mão em barbearias do Quênia, ou como podemos relacionar pôsteres ilustrados de sorvetes russos e ruínas pós-industriais ou glitches do Google Maps?
Entretanto, os artistas não hesitaram em face dessa tamanha diversidade de material e da aparente impossibilidade de o agregar às suas criações. Pelo contrário, foram atenciosos e entraram em reação com o que esse material proporcionava, com sua própria dinâmica. Regressemos a Goethe, que escreveu em seu ensaio sobre arte: “o que é o exterior de uma natureza orgânica senão a aparição eterna e mutável do seu interior?”, acrescentando ainda: “pois essas duas determinações, o interior e o exterior, estão sempre em uma relação direta, quer se esteja falando de um estado de repouso total ou do mais violento dos movimentos”. Os nossos artistas olharam fundo no magma que fluía entre eles, vislumbraram as formas que surgiam e se dissolviam e, finalmente, moldaram novas substâncias presas à forma da Strapazin. Assim, encontraremos integrados no Festival Internacional de HQ Fumetto – a raison d’être de todo este projeto e instigador deste encontro entrosado – os resultados heteróclitos de Magma: desde histórias em quadrinhos apresentadas em modos mais ou menos convencionais ou sob abordagens mais ensaísticas e experimentais, até pinturas, objetos de arte e instalações.
Como era de se esperar, nem todos os artistas usaram o caldeirão de forma direta. Alguns, sim, de forma óbvia, porém condensando os materiais originais para suscitar novos contextos e significados. Outros reagiram de forma bem diferente, mas mantendo o espírito interno. É muito recompensador encontrar os fios comuns entre obras tão diversas, como se existisse um tipo de diálogo silencioso entre as preocupações dos artistas.

Poderíamos discutir em quase todas as obras o papel de dicotomias como “interior/exterior”, “natureza/cultura”, “infância/idade adulta”, “indivíduo/sociedade”. No entanto, mesmo que eu as tenha em conta em minhas leituras, direcionarei o foco sobretudo a outro traço partilhado: o da “identidade”.
Diego Gerlach discute esse tema de uma forma confrontante. Os estereótipos existem e podem ser usados para ferir as pessoas, para criar categorias simplistas em nossas mentes ou até nos ajudar a “quebrar o gelo” quando encontramos alguém que possa “pertencer” a eles. Mas os estereótipos são também plásticos. Acima de tudo, como faz Gerlach, eles devem ser usados como uma alavanca para nos forçar a repensar nossas próprias ideias feitas e as circunstâncias dos nossos próprios juízos de valor. Rafael Coutinho expande essa mesma interrogação sobre nossa própria identidade para outros domínios. No entanto, apesar de colocar a tônica em suas experiências pessoais, Coutinho enfrenta um assunto muito premente no Brasil contemporâneo, o qual poderíamos descrever, quiçá sem elegância nas palavras, como um questionamento sobre o acesso à possibilidade de criar quadrinhos pelo foco da política de identidade.
Anete Melece, por sua vez, opta por criar uma história curta singela e comovente sobre a sua infância no campo, onde sujava as mãos de terra e brincava com toda espécie de animal e planta, mostrando uma relação familiar com a natureza que, na maioria das vezes, está totalmente ausente na vida contemporânea pós-urbana. E o que significa, no fundo, esta relação entre um nós “mais antigo” e o “nós-de-agora”? Essa parece ser a questão colocada pela equipe Ampel (Anja Wicki, Luca Bartulovic e Andreas Kiener), que também mergulha na nostalgia da infância, só que, em vez de erguer um panorama realista, cria um relato fantástico e até perturbador sobre, por um lado, como as crianças criam mecanismos de defesa através de sua própria imaginação para enfrentar ambientes e educações violentas, e, por outro, sobre integração social, aceitação e o que reside bem no fundo de nós mesmos. Quando usamos expressões tais como “o verdadeiro eu” – seja nas conversas banais de todos os dias, seja em discursos de autoajuda e automotivação –, qual é o grau de distinção entre o “eu de dentro” e o “eu de fora”? E qual é a relação de um com o outro? De complementaridade? De adição? De destruição mútua assegurada?
A artista Fanny Vaucher responde a essas mesmas questões ao criar uma pequena história metafórica e fantasmagórica, que lança a noção de um espaço interno e separatista. A “zona negra” pode surgir nas nossas vidas a qualquer momento. A reação a ela – um “mecanismo de resistência” – mostra-nos a dualidade inevitavelmente complementar, porém contraditória, incompleta e até um pouco tonta que existe entre o “dentro” e “fora” que compõe essa superfície a que chamamos “si” ou “eu”. Em outras palavras, o oculto abismo e o oculto êxtase.
Se a ideia de magma é a de algo que se move a todo o momento sob a imediata superfície das coisas, derretendo dicotomias, então a pequena peça teatral do veterano Fábio Zimbres é talvez a sua melhor ilustração. No interior do que parece ser um clube de cavalheiros luxuoso – que já teve melhores dias –, testemunhamos uma galeria de personagens extemporâneas, em três ou quatro ações distintas, cada qual interpretável como uma tomada de posições sobre assuntos sociais e sobre expectativas de mudanças culturais. Uma peça desafiante, que incita o leitor a interpretar a multitude de significados que manipula.
Talita Hoffmann, artista plástica (coautora do magnífico livro infantil Jacaré, não!), apresenta uma série de seis pinturas em acrílico com cores suaves, porém vívidas, que mostram uma mistura de representações visuais simplificadas de espaços como salas de cinema e piscinas, sem qualquer traço da presença humana. Alguns objetos mais ou menos identificáveis encontram-se nesses planos visuais, ora pintados, ora apenas delineados em seus contornos. O que sobra nessas paisagens interiores esvaziadas é um sentimento quase Richteriano de uma nostalgia por algo que nunca existiu de verdade, senão em nossas mentes e imaginações. E ao misturar vários tecidos e outros materiais, a artista de instalações Corinne Odermatt criou seis bandeiras, as quais podem ser entendidas como arautos literais do nosso fascínio por eventos catastróficos, sejam eles naturais (como vulcões), sejam de origem humana (como incêndios em edifícios ou explosões nucleares), ou até mesmo imaginários (o inferno). Até certo ponto, poderíamos dizer que Odermatt é a “gêmea do lado negro” de Hoffmann, como se ambas enfrentassem as mesmas preocupações, no entanto escolhessem afetos opostos: Hoffmann escolhendo uma dissolução tranquila da humanidade, Odermatt preferindo uma saída espetacular, até celebratória.

Com efeito, o que este Magma demonstra em especial é uma recusa em aceitar o mundo como uma “confusão” assustadora e entorpecedora. Pelo contrário, ergue um ato de celebração da diversidade incessante, sempre mutável, sempre cambiante e cheia de verve que é a sua própria origem. Algo pelo qual podemos nos apaixonar ao primeiro olhar, mesmo que, no instante seguinte, deixemos de o ver para todo o sempre.

Pedro Moura

PFLICHT LEKTüRE

Lucas Harari: L'aimant

Wenn der Berg ruft – Mystery-Krimi in der Therme Vals

Im Valser Tal in den Schweizer Alpen erhebt sich die Therme Vals: Gebaut ist sie als Block mit 60’000 Platten aus lokalem Gneis-Gestein. Zwar nimmt die rationale Architektur Bezug zur Geologie des Geländes, zugleich schafft sie jedoch einen Kontrast zur wilden Urwüchsigkeit der Berge und der Natur. Die vom Schweizer Architekten Peter Zumthor entworfene, direkt bei der Quelle gebaute Therme übt auf viele eine eigentümliche Faszination aus. So auch auf den Franzosen Lucas Harari, dessen Fantasie sie beflügelt, seit er sie als Kind kennenlernte. Gleich zu Beginn seines Erstlings L’aimant (deutsch: der Magnet) legt er freimütig dar, wie sehr ihn die Atmosphäre der Therme bis heute packt und berührt. Sein grafischer Roman liest sich denn auch über weite Strecken wie ein Tribut an Zumthors Architektur. Zugleich mischt er den Plot pfiffig mit Elementen der Krimi- und Mystery-Genres auf und flicht autobiografische Episoden ein (erwähnt sind zum Beispiel Hararis Eltern, die tatsächlich ein Architekturbüro in Paris führen und mit ihm einst die Therme besuchten).
Listig nutzt Harari die reduzierte Bauweise der Therme für seine Story: Die Abfolge der offenen Grossräume mit schmalen Gängen und Nischen übersetzt er in ein Spiel mit überraschenden Blickwinkeln und Wendungen, in dem auch Einbildung und aufkeimender Wahn eine Rolle spielen. Grafisch setzt Harari auf eine Ligne claire (Vorbilder sind Hergé, Ted Benoit, Yves Chaland, Jost Swaarte, Charles Burns, Chris Ware und Daniel Clowes), die er grandios zur Inszenierung der Architektur einsetzt. Um den Lesefluss zu beschleunigen, verzichtet er auf Abstände zwischen den Panels. Farblich fokussiert er auf mattes Blau, Rot und Grau. Seine Ausbildung im Siebdruck nutzend, verleiht er der Kolorierung eine „körnige“ Note, die gut zur felsigen Szenerie passt. Die eine oder andere Frage ergibt sich einzig bei der Figurenzeichnung und der Handlungsentwicklung.
Im Mittelpunkt steht Pierre, ein junger Architekt, der seine Doktorarbeit über die Therme (bei Hararis Vater!) abbricht, sich aber so stark zu ihr hingezogen fühlt, dass er von Paris nach Vals reist. Je mehr ihn die Magie des Ortes ergreift, umso tiefer verstrickt er sich in die Legende vom „Mund des Berges“, die besagt, dass die Thermalquelle alle hundert Jahre einen Fremden verschlingt.
Mit L’aimant gelingt Lucas Harari ein sehr unterhaltsamer Comic, der sowohl Lust macht auf eine Reise nach Vals als auch auf das nächste Werk aus seiner Feder.

Florian Meyer

Lucas Harari: „L’aimant“.
Editions Sarbacane, 148 S.,
Hardcover, farbig,
EUR 25,00 / CHF 42.90

Anna Sommer: Das Unbekannte

Das Baby in der Anprobekabine

Eines Tages entdeckt Helen, Mitte vierzig und kinderlos, in einer Anprobekabine ihrer Modeboutique ein neugeborenes Baby – und beschliesst, es zu behalten. Heimlich – nicht einmal ihren Partner Paul weiht sie in den Familienzuwachs ein, da dieser eigentlich ganz froh ist, dass es mit dem Kinderkriegen nicht geklappt hat und sich lieber einen kleinen Hund anschafft. Doch auch Antoine führt ein Doppelleben: Er versucht, die Affäre mit der wie eine Klette an ihm hängenden Schülerin Vicky zu beenden. Diese wiederum frisst sich fett, um ihre Schwangerschaft zu vertuschen.
Die Ausgangslage von Das Unbekannte ist komplex und führt Anna Sommer direkt ins Herz der Themen, die sie seit ihrem ersten Buch Damen Dramen (1996) umkreist: Beziehungen, Liebe, Sex, Vertrauen, Lügen und Missverständnisse. Im Mittelpunkt stehen Helen und Vicky, zwei Frauen, die auf mehr oder weniger geschickte und erfolgreiche Weise die gängigen gesellschaftlichen Moralvorstellungen biegen und dadurch zu echten Persönlichkeiten werden. Auch die Erzählstruktur von Das Unbekannte ist raffiniert und erhöht die Vielschichtigkeit: Dass die beiden Handlungsstränge – Helen und der Säugling, Vicky und die Schwangerschaft – auf zwei unterschiedlichen Zeitebenen ablaufen, entdeckt der Leser erst, als es schon zu spät für eine gütliche Auflösung des Damendramas ist.
Anna Sommers Strich ist von betörender Eleganz, er wirkt sogar runder, weicher und leichter als sonst, geradezu unschuldig und harmlos. Auch die Gestaltung der Seiten, auf denen sich die Figuren frei zu bewegen scheinen, ist leicht und luftig und hinterlässt viele Lücken, die der Leser selber füllen muss. Doch unterschwellig wachsen aus all diesen Missverständnissen, Heimlichtuereien und Lügen unangenehme Spannungen und eine hinterhältige, nie offen zum Ausdruck kommende Gewalt. Empfindungen, die sich dermassen steigern, dass die vordergründig vernünftig wirkende Auflösung der verzwickten Geschichte unmöglich als Happy End empfunden werden kann und mehr Fragen offenlässt, als sie beantwortet.
Das Unbekannte war einer der zehn Titel auf der Short List für den Preis des besten Comics am Comic-Festival von Angoulême. Eine grosse Ehre für eine deutschsprachige Autorin, gleichzeitig aber hoch verdient.

Christian Gasser

Anna Sommer: „Das Unbekannte“.
Edition Moderne, 96 S.,
Hardcover, s/w,
EUR 28 / CHF 35.—

Sacha Goerg: Das Mädchen aus dem Wasser

Schatten der Vergangenheit

Erst als am Ende alles in sich zusammenfällt, ein Erdbeben das Haus einstürzen und den Staudamm brechen lässt, finden die Figuren aus Sacha Goergs Das Mädchen aus dem Wasser zueinander und kommen vorher verborgene Identitäten zum Vorschein. Über einen ganzen Tag und eine Nacht hinweg hatten die Leser verfolgen können, wie die sechs Protagonisten im Debüt-Comic des in Brüssel lebenden Schweizer Zeichners verzweifelt versuchen, einerseits ihrer Vergangenheit auf die Schliche zu kommen und ihr gleichzeitig zu entfliehen und andererseits nicht an der Gegenwart zu verzweifeln.
Er habe einen Bootsunfall gehabt, behauptet zu Beginn des Comics ein durchnässter Jugendlicher, der sich Damien nennt, als er bei den Bewohnern eines Hauses am Ufer eines Stausees auftaucht. Sonja, die Besitzerin des modernistischen Baus, lädt ihn ein, vorerst bei ihr zu bleiben. Sonja ist die Witwe eines Bildhauers und lebt mit ihrem 15-jährigen Sohn Mattew in dem von ihrem Mann entworfenen Bauwerk. Weitere Akteure: Hugo, ein Schulfreund und Teilzeitliebhaber von Mattew, Chris, ein alter Liebhaber von Sonja und seine Verlobte Miki. Und schliesslich Damiens wahre Identität, nämlich Judith, das „Mädchen aus dem Wasser“, das mit der Geschichte des Hauses und seiner Bewohner aufs Engste verflochten ist. Doch es gibt noch eine handelnde Person: Den verstorbenen Künstler selbst, der sich als Schatten über das gesamte Geschehen legt und Judith immer wieder als schwarze Figur erscheint. In einem Zwiegespräch fragt er sie: „Weshalb bist du hergekommen?“, und sie antwortet: „Ich muss einfach sehen, was mir gefehlt hat.“ Bis man als Leser erfährt, was es ist, das ihr gefehlt hat, betrinken sich die Protagonisten, streiten, erinnern sich an den Verstorbenen, und versuchen, von den anderen wahrgenommen zu werden. Denn unter der Oberfläche von Judiths Suche nach den Lücken in ihrer Vergangenheit verbirgt sich eine Studie über die Einsamkeit des Menschen, über das Verhältnis von Selbst- und Fremdwahrnehmung. Sie alle sind auf der Suche: Sonja nach einem Umgang mit ihrem Verlust sowie mit ihrem pubertierenden Sohn; Mattew nach einem Zugang zur Welt, die er sich durch seine langen Haare, die stets sein Gesicht verdecken, vom Leib hält; Hugo und Mattew nach ihrer sexuellen Identität … Die Botschaft des Zeichners hinter der komplexen Story ist simpel: Bei jeder Suche helfen Ehrlichkeit und Offenheit, und dabei gilt es vor allem, sich nicht zu verstellen und zu verstecken. Es könnte so einfach sein, doch Sonja, Mattew und Judith kommen erst durch die Naturkatastrophe, die sie fast das Leben kostet, zu dieser Erkenntnis.

Jonas Engelmann

Sacha Goerg: „Das Mädchen aus dem Wasser“.
Reprodukt, 184 S.,
Softcover, farbig,
EUR 24 / CHF 35.90

Paula Bulling: Lichtpause

Lichtzwang

Eine Zeile von Paul Celan kommt mir in den Sinn, als ich Paula Bullings Lichtpause zum ersten Mal lese: „Doch konnten wir nicht hinüberdunkeln zu dir: es herrschte Lichtzwang“. Licht und Schatten, das Hinüberdunkeln vom Tag zur Nacht, die Suche nach Schatten, nach Lichtpausen: All das steckt im neuen Werk der Berliner Zeichnerin. Und nicht zuletzt ist es ihre lyrische Sprache, die für die Celan-Assoziation verantwortlich ist: „Und es fällt auf die Stadt ein schwarzer Regen, schwarzer Film auf meinem Orangenbaum.“
Beim zweiten Lesen sind es die Farben, die mich nicht mehr loslassen: „Das Licht liegt schon in einem Guss über den Wohnblöcken, den Sheddächern am Busbahnhof, den rot-gelben Tribünen des Stadions.“ Eine reduzierte Farbpalette, Buntstifte – und doch erscheint alles stimmig: Das Licht taucht die Stadt in warme Farben. Blau-orange Häuser, gelbe Strassen in der Mittagshitze, dunkelblaue Schatten in den Strassenschluchten. Einen einzigen Tag in Algier teilt die Zeichnerin mit den Lesern, einen Tag der Eindrücke und der Reflexionen über den eigenen Blick, das eigene Zeichnen: „Ich will mich an alles erinnern, aber vielleicht reicht es, durch ein kleines Loch zu gucken, auf einen Tag.“
Diese Reflexionen über den Blick auf die Stadt und das Land bestimmen das dritte Lesen der grossformatigen knapp vierzig Seiten. „Die Gewalt setzt sich in uns ab, wird zu unserem Schatten“, sagt einer ihrer Gesprächspartner, Nawel. Zweimal war Paula Bulling in Algier zu Gast, ganz selbstverständlich gehört für sie dazu, jene Gewalt, von der Nawel spricht, zu thematisieren. Die koloniale Vergangenheit hat die Geschichte des Landes entscheidend mitgeprägt und daraus resultiert eine Verantwortung für die Gegenwart. Diese Verantwortung beginnt dabei, den kolonialen Blick Europas auf Nordafrika in den eigenen Bildern nicht zu reproduzieren. Paula Bulling findet andere Bilder, solche, die diese Problematik aufzeigen und mit den wechselseitigen Blicken spielen: So zeichnet sie Bilder der Stadt, während ihr erzählt wird, wie Frankreich Knochen aus den Gräbern der Kasbah mit Schiffen ausser Landes brachte. Oder anderswo lässt sie die Bilder verstummen: „Ich habe keine Lust mehr zu zeichnen, weil sich das, was ich sehe, nicht abbildet, und sich das, was ich nicht sehe, nicht abbildet.“
Beim vierten Lesen ist es das Nichtabgebildete, was ins Zentrum rückt, abgeschnittene Gesichter, angedeutete Gesten, die postkoloniale Geschichte. Beim fünften Mal die Architektur der Seiten. Man will das Buch immer wieder aufschlagen und kann darin stets neue Schattenspiele und Farbnuancen entdecken.

Jonas Engelmann

Paula Bulling: „Lichtpause“
Rotopol, 36 S.,
Softcover, farbig,
EUR 18 / CHF 28.90

Migrant Image Research Group: Lampedusa. Bildgeschichten vom Rande Europas

Die Ambivalenz der Bilder

„Die Repräsentation der Migration auf dem Seeweg ist unfassbar stereotyp. Besonders seit dem Beginn der sogenannten ‚Flüchtlingskrise’ im Mittelmeerraum sind die internationalen Medien voller Bilder überfüllter Boote, die die Grenzen der EU überqueren, Bilder, die einander über weite Strecken sehr ähneln“, erklärt der Schweizer Politologe und Künstler Charles Heller in einem Interview und spricht angesichts der medialen Präsenz dieser Migrationsbilder von einem „Grenzspektakel“. Das Interview ist Teil des Buchprojekts Lampedusa. Bildgeschichten vom Rande Europas über die Suche nach neuen visuellen Formen für die Repräsentation von Migration, zusammengetragen von der Migrant Image Research Group. Migranten werden in den stereotypen Bildern, die das Buch kritisiert, meist als Bedrohung oder als Opfer dargestellt – mal dienen die oft benutzten Bilder überfüllter Boote der Untermauerung der Metapher „Das Boot ist voll“, mal wird über die Fokussierung einzelner Flüchtlinge oder anonymer Massen hinter Absperrungen Mitleid evoziert.
Dass es gerade das Medium Comic ist, in dem nach neuen Bildern und neuen Formen des Erzählens über Flucht gesucht wird, verwundert nicht: Sind doch die Bilder des Comics nicht darauf ausgelegt, Authentizität zu vermitteln bzw. eine einzige Wahrheit abzubilden, sondern immer schon eine Sichtweise des Zeichners, eine Perspektive auf die Welt.
„Die Polyphonie und wechselseitige Erhellung von Fotografie und Zeichnung scheint auf der Suche nach neuen Darstellungsformen ein äusserst produktiver Weg“, schreibt auch Jan Wenzel einleitend in Lampedusa. Das Buch enthält neben Gesprächen mit Medienwissenschaftlern, Flüchtlingen, Aktivisten und Bildredakteuren sowie Reflexionen über Bilder der Migration auch gezeichnete Bildgeschichten, welche die eigene Bildlichkeit reflektieren und so tatsächlich neue Perspektiven für den Umgang mit den medial in das kollektive Bildgedächtnis eingebrannten Fotografien der „Flüchtlingskrise“ anbieten. Im Comic Wege einer Ware von Paula Bulling und Anne König beginnt etwa die Ware selbst, ihre Geschichte zu erzählen, die von eben jenen Wegen geprägt ist, die Flüchtlinge heute zurücklegen müssen. Emilie Josso zeigt in ihren Comic-Beiträgen den Prozess, der zum Buch geführt hat, Interviews, Recherchen wie auch das kritische Hinterfragen der eigenen verwendeten Bilder. Damit liefern diese Comics Beispiele für die von Charles Heller geforderten „Strategien der Unterbrechung“, die dem Betrachter ermöglichen sollen, „die Realitäten der Gewalt zu begreifen, die durch die Grenzen geschaffen wird, und Mitgefühl und Anteilnahme zu entwickeln für die Migranten und ihre Situation.“

Jonas Engelmann

Migrant Image Research Group (Hg.):
„Lampedusa. Bildgeschichten vom Rande Europas”.
Spector Books,
324 S., Softcover, farbig,
EUR 28 / CHF 35.90

Minetarô Mochizuki: Chiisakobee 1. Die kleine Nachbarschaft

Elegant und luftig wie ein japanisches Haus

Minetarô Mochizuki feierte Erfolge mit der Manga-Serie Dragon Head, einem Weltuntergangs-Szenario, das auch auf Deutsch erschienen ist. Jetzt kommt ein jüngeres Werk von ihm auf den deutschsprachigen Markt, das inhaltlich wie formal ganz anders ist: Chiisakobee basiert auf einem historischen Roman des japanischen Schriftstellers Shuguro Yamamoto aus dem Jahr 1957, dessen Handlung Mochizuki aus der Edo-Zeit in die Gegenwart verlegt hat. Die kleine Nachbarschaft ist der erste von vier Teilen und beginnt mit einem Schicksalsschlag. Der junge Schreinermeister Shigeji erfährt, dass seine Eltern bei einem Brand ums Leben gekommen sind, der auch den Familienbetrieb – die Zimmerei Daitome in Tokio – zerstört hat.
Shigeji entspricht mit seinen langen Haaren und seinem Vollbart nicht den Vorstellungen vom Chef eines Handwerksbetriebs (schon gar nicht den japanischen), aber er ist entschlossen, das Unternehmen seiner Eltern wieder aufzubauen. Und zwar, und das wiederum wirkt sehr japanisch, aus eigener Kraft und ohne durch Almosen das Gesicht zu verlieren. Im grossen Elternhaus nimmt er als Haushaltshilfe Rizu auf, eine ebenfalls verwaiste Freundin aus Kindertagen, und mit ihr zusätzlich fünf elternlose Kinder, um die Rizu sich kümmert. Regelmässige Besucherin wird die hübsche Bankiers-tochter Yuko, die vor allem für die Erziehung der fünf widerspenstigen Gören zuständig ist.
Eigentlich passiert auf den mehr als 200 Seiten gar nicht so viel, äusserlich jedenfalls nicht. Es geht um die Beziehungen zwischen den zusammengewürfelten Schicksalsgenossen und darum, wie sie ihren Alltag bestreiten – und dabei liegt das Augenmerk auf den Details. Kleine Ausschnitte füllen ganze Panels aus: Blicke, Hände und immer wieder Füsse – unbekleidet, in Sandalen, Turnschuhen, Slippern, Pumps oder Wanderschuhen ¬– genauso wie Teekannen, Einkaufslisten, Aschenbecher, Sakeschälchen oder eine frisch gefüllte Bentobox.
Die Zeichnungen wirken elegant und luftig wie das traditionelle japanische Haus mit seinen papiernen Schiebetüren, um das herum sich Shigejis kleine Nachbarschaft entwickelt; diesen Eindruck erwecken ruhige, klare Linien, dazu hellgraue Rasterfolien, viel Weissraum und wenig dunkle Flächen.
Auch wenn der junge Schreiner Shigeji mit Hipster-Haartracht und Sonnenbrille im Gesicht gelegentlich albern aussieht, entfaltet die Geschichte einen kontemplativen Reiz. Und am Ende des ersten Bandes will man doch wissen, was es mit dem Begriff „Chiisakobee“ auf sich hat.

Barbara Buchholz

Minetarô Mochizuki: „Chiisakobee 1. Die kleine Nachbarschaft“.
Carlsen Manga, 216 S.,
Softcover, s/w,
EUR 14,90 / CHF 23.90

Jérôme Dubois: Tes yeux ont vu

Erinnerungen, die keine werden durften

Tes yeux ont vu heisst der Comic des Franzosen Jérôme Dubois, und er fällt ins Auge: Blau und Rot sind die einzigen Druckfarben, ein tiefdunkles Blau ersetzt das Schwarz. Die grafische Gestaltung ist aber nicht einfach nur schick, sondern sie dient der Geschichte, die geprägt ist von der Dualität des künstlichen Menschen Emet und seiner Schöpferin, der Professorin Loew. Rot ist Emets Farbe, die seiner Haut oder seines kargen Zimmers im Souterrain der Loew’schen Villa. In ihrem Lebensbereich und ihrer Kleidung dominiert das Blau, ebenso wie in den dicken Qualmwolken ihrer zahlreichen Zigaretten.
Zu Beginn wickelt sich Emet aus einem weissen Verband, als schlüpfe er aus einem Kokon. Aus winzigen runden Augen betrachtet er zitternd und staunend sein Bild im Spiegel, betastet die Nähte der Haut an seinen Gliedmassen. Er ist das vierte Geschöpf, das Professorin Loew im anatomischen Institut einer Klinik geschaffen hat. Mit seinen 42 Tagen ist er schon jetzt etwas Besonderes: Alle seine Vorgänger haben nur wenige Stunden oder Tage überlebt. Er wird aber wohl auch der Letzte seiner Art bleiben, denn mangels „greifbarer Ergebnisse“ streichen die Institutsleiter das Geld für Loews
teure und aus ethischer Sicht problematische Experimente.
Der Titel Tes yeux ont vu zitiert einen bib-lischen Psalm, in dem es um Gott als allmächtigen Schöpfer geht. Professorin Loew ist eine Namensvetterin des Prager Rabbi Löw, der einer Legende nach das menschenähnliche Lehmwesen Golem zum Leben erweckte. Schliesslich liegt der Gedanke an Mary Shelleys Frankenstein nahe. Der schmale Emet mit seinem hageren Gesicht und seinen staunenden Knopfaugen mag ähnlich zusammengebastelt wirken wie Viktor Frankensteins Monster. Doch er hat nichts Bedrohliches an sich und entwickelt statt Rachegelüsten Mitgefühl für seine Schöpferin, eine alleinstehende Frau Anfang 40, die vor allem für ihre Arbeit lebt.
Eines Tages schenkt Loew Emet einen Fotoapparat mit den Worten: „So kannst du Erinnerungen sammeln.“ Da weiss sie bereits, dass Emets künstlicher Körper nicht auf Dauer lebensfähig ist und der Verfall mit dem Verlust des Augenlichts beginnt. Als sie wieder allein in ihrer Villa ist, betrachtet sie die Schnappschüsse, die Emet geknipst hat – Erinnerungen, die keine werden durften.
Es lässt sich viel analysieren in diesem Comic mit seiner strengen, gestylten Grafik, aber er erzählt auch einfach eine ungewöhnliche Geschichte, die Emotionen weckt.

Barbara Buchholz

Jérôme Dubois: „Tes yeux ont vu“.
Éditions Cornélius, 168 S.,
Softcover, zweifarbig,
EUR 21,50

Yves Chaland: Freddy Lombard Gesamtausgabe

New Wave Tim

Yves Chaland hat mit seiner Detektivfigur Freddy Lombard einen Klassiker geschaffen, der in keiner Comic-Anthologie fehlen sollte. Tragischerweise ist Chaland 1990 mit nur 33 Jahren bei einem Autounfall gestorben, gerade am Beginn einer verheissungsvollen Comic-Karriere. Im Zeichen der Nouvelle ligne claire hat sich Chaland unter anderem mit Zeitgenossen wie Ted Benoit vor Hergés Tim verneigt und zugleich die Biederkeit des Comic-Klassikers dekonstruiert und in eine neue Zeit transferiert, ohne dabei eine gewisse Retro-Ästhetik zu verlassen. Nun sind erstmals auf Deutsch alle Lombard-Abenteuer in einem Sammelband erhältlich: Das Testament des Gottfried von Bouillon, Der Elefantenfriedhof, Der Komet von Karthago, Ferien in Budapest und F-52. Es ist interessant zu sehen, wie Chalands Zeichen- und Erzählkunst in einer Zeitspanne von gerade einmal zehn Jahren rapide an Fahrt gewinnt. Während die ersten Lombard-Abenteuer noch zwischen Klamauk und Zeichenkunst pendeln und stilistisch stark Kinder ihrer Zeit sind, etwas Postmoderne und New Wave, ist ihm mit F-52 ein kleines Meisterwerk geglückt. Nicht nur zeichnerisch erreicht er in dieser Geschichte einen zeitlosen Stil, wie sein grosses Vorbild Hergé, vor allem besticht die Story durch eine verstörende Entführungsgeschichte in einem futuristischen Grossraumflugzeug. Mit Suspense à la Hitchcock weiss er den Leser zu fesseln und erzählt eine atemberaubende Geschichte, in der allerlei skurrile Charaktere aufeinandertreffen und man mit dem Entführungsopfer bis zuletzt bangt. Die Gesamtausgabe ist eine kleine Zeitreise in eine vergangene Comic-Periode, die zwar wichtig war, aber heutzutage merkwürdig stilisiert erscheint.

Matthias Schneider

Yves Chaland: „Freddy Lombard Gesamtausgabe“.
Carlsen, 240 S.,
Hardcover, farbig,
EUR 29,99 / CHF 42.90

Blexbolex: Unsere Ferien

Ferienzeit

Die Synopsis von Blexbolex‘ aktuellem Buch Unsere Ferien ist äusserst schnell erzählt. Ein junges Mädchen verbringt die Sommerferien bei ihrem Opa auf dem Land, als ein kleiner Elefant mit dem Zug zu Besuch kommt. Am Ende reist der Besucher mit selbigem wieder ab. So weit, so knapp und eindeutig. Doch zwischen den beiden Klammerpunkten An- und Abreise vermengt Bernard Granger alias Blexbolex in einer wortlosen Erzählung Traum und Wirklichkeit, und entführt den Betrachter in eine surreale Welt, wie sie meist nur Kinder wahrnehmen können. Mit dem Besuch des Elefanten gerät für das Mädchen die heile Ferienzeit mit dem Opa aus den Fugen. Der kleine Elefant ist zwar niedlich anzusehen, mit seiner Mütze auf dem Kopf an Babar erinnernd, dennoch ist er ein Eindringling, der die traute Zweisamkeit durcheinanderbringt. Es sind die intensiven und ungebremsten Gefühle eines Kindes, an denen uns Blexbolex teilhaben lässt, wenn es plötzlich den Elefanten mit Schlägen vertreibt, um im nächsten Moment vor Verzweiflung zu weinen, weil der Elefant die Flucht ergriffen hat und der Opa ihn im Regen suchen muss. Das Buch beschreibt einen vermeintlich zeitlosen Zustand, die Sommerferien als Auszeit, das Eintauchen in eine andere Welt, in der alltägliche Regeln ausgehebelt sind und man sich treiben lässt. Auch Blexbolex’ grandiose Illustrationen scheinen aus der Zeit gefallen zu sein, zeitlos schön im charakteristischen Retro-Charme. Überhaupt ist „Zeit“ ein zentrales Element in Unsere Ferien, auch in Blexbolex’ Darstellung von zeitlichen Abläufen in seinen Illustrationen durch überlagernde Bilder. Unsere Ferien ist im wahrsten Sinne des Wortes ein „wunderbares“ Buch, das sowohl im Kinderzimmer zwischen Babar und Curious George als auch im Comic-Regal zwischen Richard McGuires Hier und Chris Ware stehen kann. Mit Unsere Ferien ist Blexbolex eine der interessantesten und wegweisendsten Publikationen zwischen Comic, Illustrations- und Kinderbuch gelungen. Äusserst empfehlenswert!

Matthias Schneider

Blexbolex: „Unsere Ferien“.
Jacoby & Stuart, 132 S.,
Hardcover, farbig,
EUR 22 / CHF 33.90

Tillie Walden: Spinning

Die Leiden der jungen Eiskunstläuferin

Die US-Amerikanerin Tillie Walden ist 21 Jahre alt und wurde bereits für einen Eisner Award nominiert und hat einen Ignatz Award gewonnen. Sie hat in der Tat ein grosses Talent und ihre Bücher und Kurzgeschichten sind technisch wie auch narrativ ausgereift. Spinning ist ihr viertes Buch und mit fast 400 Seiten ihr bisher grösstes Projekt. Die Autobiografie erzählt aus dem Leben der 10-Jährigen als professionelle Eiskunstläuferin. Nebst der Schule muss sie regelmässig in den frühen Morgenstunden aufstehen, zum Training erscheinen oder weite Reisen auf sich nehmen, um an Wettkämpfen teilzunehmen. Sie muss für ihr junges Alter zu viele einsame Stunden in Hotels verbringen und sich für jeden Auftritt penibel schminken und korrekt anziehen. Im Nachwort schreibt Walden, Spinning handle eigentlich nicht vom Eiskunstlaufen, doch das stimmt nicht. Natürlich handelt dieser Entwicklungsroman auch von den Schwierigkeiten, erwachsen zu werden, von Freundschaft, vom Ausgeschlossensein, von Liebe und Sexualität (die Protagonistin weiss seit sie fünf ist, dass sie lesbisch ist), doch die Eiskunstbahn steht immer im Zentrum und ist der Ort des Geschehens für alle ihre Erfahrungen. Das Eis ist der Ort, an dem sie zu lieben lernt, an dem Freundschaften entstehen und wieder auseinanderbrechen, an dem sie lernt, wie unfair das Leben sein kann. Spinning handelt weniger vom kompetitiven Kampf bei den Wettbewerben, sondern dreht sich um die Frage, weshalb die Protagonistin so viel Energie für eine Aktivität investiert, bei der sie nicht mal sicher ist, ob sie ihr gefällt.
400 Seiten sind nicht wenig, doch man wird bei der Lektüre sofort vom anstrengenden Alltag des kleinen Mädchens absorbiert und erfährt viel über ihr inneres Leben. Mit einem schlichten Erzählstil lässt sie die Leser die Qual des morgendlichen Weckers oder die Müdigkeit während der Fahrt zur Eisfläche in der Dunkelheit spüren. Ebenso schlicht, aber gekonnt und detailreich sind Waldens Zeichnungen; die Farbenpalette beschränkt sich auf Weiss und Violett und das gelegentliche Gelb der nächtlichen Gebäude-Beleuchtungen. Ihr Strich ist dünn und scheint zerbrechlich, aber bestimmt. Genauso wie die Spuren, die sie mit ihren Schlittschuhen auf dem Eis hinterlässt.

Giovanni Peduto

Tillie Walden: „Spinning“.
First Second, 400 S.,
Hardcover, farbig,
EU 20 / CHF 34.90
www.tilliewalden.com

K. Morten Widrig: Traumlos. Das Ende der Träume

Fantasieloses Epos


„Das Weltregime von Clades hat beinahe ganz Veravys unter Kontrolle. Nur wenige Rebellenstaaten leisten Widerstand. Krähentron, meine Heimat, ist einer dieser Staaten“. So beginnt das Epos des jungen St. Gallers K. Morten Widrig, der soeben die ersten vier Ausgaben seiner Comic-Serie Traumlos in einem Sammelband im Eigenverlag veröffentlicht hat. Auf dem entfernten Planeten Veravys hat das Clades-Regime nach jahrelanger blutiger Auseinandersetzung mit Rebellen der Krähenbruderschaft die Macht an sich gerissen und kontrolliert nun mittels eines Chips namens „Schicksal“ die Bevölkerung. Zudem hat das Regime eine Technologie erfunden, mit der sie ihren Untertanen die Träume geraubt hat. Die wenigen übrig gebliebenen Krähen-Rebellen, unter anderem der heldenhafte Lian Ravynson Braun, versuchen, das Regime umzustürzen und den Menschen ihre Träume zurückzugeben.
Wie die Ependichter der Antike spinnt auch der Freizeit-Comic-Zeichner Widrig aus bestehendem Material anderer Autoren eine neue Geschichte zusammen. Abgesehen davon, dass sich die einleitenden Sätze vielleicht auf einen Klassiker des französischen Comics beziehen, stammen viele Anspielungen und Ideen in Traumlos aus erfolgreichen Fantasy- und Sci-Fi-Romanen, Filmen und Serien der letzten Jahre. Schon beim Lesen der Einleitung kommen Fans des Genres Filme wie Star Wars, Game of Thrones oder Matrix in den Sinn. Und obschon das Kopieren von Vorbildern, wie gesagt, auch bei weltberühmten Dichtern üblich war, entspringt aus Widrigs Abenteuern nichts wirklich Neues. Zugegeben, die Idee einer dystopischen Welt, in der Menschen nicht mehr träumen, klingt interessant (obschon ich mir fast sicher bin, einen Film darüber gesehen zu haben). Die Konzepte werden den Lesern aber oft ohne Erläuterungen präsentiert und der etwas chaotische und lückenhafte Erzählstrang erschwert die Lektüre, auch von einem visuellen Standpunkt aus. Nicht selten ist schlecht erkennbar, was sich genau vor den Augen der Leser abspielt. Widrigs Zeichenstil ist noch nicht ausgereift und man merkt, dass Comics eine Freizeitbeschäftigung des Sozialpädagogen in Ausbildung sind. Die Leidenschaft hingegen, mit welcher der Autor Fantasiewelten erschafft und sie zu übermitteln versucht, ist spürbar. Und das ist schon mal ein Anfang.

Giovanni Peduto

K. Morten Widrig: „Traumlos. Das Ende der Träume“ (Nr. 1-4).
Morten Artworks, Epubli, 120 S.,
Softcover, s/w,
EUR 14,99 / CHF 23.90
www.facebook.com/mortenartworks

Jeff Lemire: Der Unterwasser-Schweisser

Surrealer Malstrom

Der kanadische Autor und Zeichner Jeff Lemire ist ein Wandler zwischen den Welten: Zum einen hat er sich mit sehr emotionalen Familiengeschichten wie der Trilogie Essex County für den Indie-Verlag Top Shelf einen Namen gemacht. Zum anderen ist er ein Freund von Genrestoffen und ist damit bereits bei den grossen Verlagen wie Vertigo gelandet, zum Beispiel mit düsteren Werken wie der Fantasy- und Science-Fiction-Dystopie Sweet Tooth. Wie schon mit seiner Geschichte The Nobody vermag er mit Der Unterwasser-Schweisser auf gleich hohem Niveau beide Stilrichtungen miteinander zu verbinden: Jack steht kurz davor, Vater zu werden, doch seiner hochschwangeren Frau ist er gerade keine Stütze. Das Paar lebt am Rande eines kleinen, verschlafenen Städtchens am Meer. Auf einer vorgelagerten Bohrinsel arbeitet Jack als Schweisser. Eigentlich wollte er auf keinen Fall Taucher werden, weil sein trunksüchtiger Vater bei einem Tauchgang starb, als er selbst gerade mal zehn Jahre alt war. Und dennoch hat es ihn ausgerechnet an seinem Heimatort an den Meeresgrund gezogen, und dieser Tiefendrang verstärkt sich zusehends. Je näher die Geburt seines eigenen Kindes rückt, desto mehr denkt er an seine eigene Kindheit, seinen Vater und dessen Tod vor 20 Jahren. Jetzt, wo er selber Vater werden soll, wird er auf sein Verhältnis zu seinem Vater zurückgeworfen. Die Zeitebenen verschwimmen, und Jack taucht noch einmal ein in den Tag, als er seinen Vater verlor. Den dünnen, zittrigen Zeichenstil ist man von Lemire gewohnt. In dieser traum- und albtraumhaften Geschichte um Schuld und Verantwortung die – ähnlich wie ein Taucher beim Tauchgang – von der Wirklichkeit in die Tiefen des Surrealen gleitet, erscheint der Stil passender denn je. Eine Geschichte mit der Sogkraft eines Malstroms.

Christian Meyer-Pröpstl

Jeff Lemire: „Der Unterwasser-Schweisser“.
Hirnstoff, 224 S.,
Softcover, s/w,
EUR 18,99 / CHF 27.90

Manu Larcenet: Brodecks Bericht

Grausame Dynamik

Brodecks Bericht ist ein erneuter Höhepunkt im Schaffen von Manu Larcenet. Nach seinen autobiografischen Reihen Der alltägliche Kampf und Die Rückkehr aufs Land sowie seinen fünf Bänden der Donjon-Parade, einer Nebenreihe zu der grossangelegten Donjon-Reihe von Lewis Trondheim und Joann Sfar, hatte er mit dem mächtigen, über 800-seitigen Vierbänder Blast um einen monströsen Nihilisten existentialistische Töne angeschlagen. Sowohl erzählerisch als auch zeichnerisch ist der Vielzeichner Larcenet erschreckend düster geworden. Mit der Adaption Brodecks Bericht des gleichnamigen Romans des französischen Autors und Regisseurs Philippe Claudel legt er erneut einen Brocken (durchaus auch physisch) vor, der dem Leser ganz schön zu beissen gibt:
Ein kleines Dorf, vielleicht im Elsass, wahrscheinlich nach dem Zweiten Weltkrieg, genaue Kennzeichnungen werden unterlassen. Ein Fremder ist hierhin gekommen. Anfängliche Neugier und Freundlichkeit ist langsam, aber sicher in Misstrauen und Hass gegenüber dem Fremden umgeschlagen. Dann haben ihn die Dorfbewohner getötet. Der an der Tat unschuldige Brodeck soll nun einen unverfänglichen Bericht schreiben, der die Täter entlastet. Aber er, einst selbst Opfer von Anfeindung und Verrat im Dorf, ist zwischen Angst und moralischer Pflicht hin- und hergerissen. Und so verfasst er einen sachlichen, entlastenden Bericht für die Dorfbewohner und schreibt zugleich in einem zweiten Bericht die ganze Wahrheit nieder.
Larcenets umfangreicher Output liesse darauf schliessen, dass er einen eher schlichten Zeichenstil für seine ausladenden Geschichten verwendet. Aber im Gegenteil: Es ist nicht zu hoch gegriffen, hier jedes einzelne Panel ein Kunstwerk zu nennen, mit dem er die seelischen Abgründe der Menschen spiegelt. Selten hat ein Comic die grausame Dynamik von Fremdenhass, Autoritätshörigkeit, Denunziation und Gewalt in dieser Klarheit eingefangen. Auch ohne die Romanvorlage von Claudel zu kennen, kann man von einer meisterlichen Umsetzung sprechen.

Christian Meyer-Pröpstl

Manu Larcenet: „Brodecks Bericht“.
Reprodukt, 328 S.,
Hardcover im Schuber, s/w,
EUR 39 / CHF 54.90

Tom Gauld: Mooncop / Kochen mit Kafka


Die hintergründig-heiteren Comics von Tom Gauld

Tom Gauld als den britischen Nicolas Mahler oder Jason zu bezeichnen, mag nicht ganz treffend sein, es ist jedoch kein schlechter Ansatz, um seine pfiffigen Werke einzuordnen, seine Zeichnungen sind extrem simpel gehalten, die Charaktere meist lediglich als Strichmännchen dargestellt. Die Einfachheit, die all diese Künstler auszeichnet, steht allerdings ganz im Gegensatz zu ihren künstlerischen Fähigkeiten. Man könnte vielleicht so weit gehen, diese Zeichner − und einige weitere − als Reaktion der Generation Y auf die Tradition der Ligne claire zu bezeichnen.
Gaulds visueller Stil, seine minimalistischen und präzisen Zeichnungen voller Wärme und charmanter Behaglichkeit, haben einen hohen Wiedererkennungswert. Seine Cartoons sind wie gemacht für die intelligenten urbanen Leser der britischen Tageszeitung The Guardian, in der der grösste Teil von Gaulds Werken zuerst abgedruckt wird. Sie verfügen über eine Art Hipster-Groove – wenn auch ohne die Bissigkeit der Brooklyn-Hipster – und über die offensichtlichen Witze hinaus behandeln sie oft menschliche Schwächen, wie wir sie jeden Tag erleben.
Gaulds Werke begeistern vor allem jene Leser, die ein Flair für das Verknüpfen von Hoch- und Alltagskultur haben, die sich ebenso in viktorianischen Romanen als auch in Science-Fiction-Filmen auskennen.
Nach Gaulds You’re all Just Jealous of My Jetpack folgt nun seine zweite Sammlung von jeweils bloss eine Seite umfassenden Cartoons mit dem Titel Kochen mit Kafka. Die Titel beider Bücher geben uns bereits einen Eindruck von Gaulds Sinn für Humor – er ist trocken und rau, gleichzeitig albern und ernst und erinnert mit seiner cleveren Verschrobenheit an Gary Larsons The Far Side. Beinahe jeder einzelne Gag in Gaulds neuem Werk trifft ins Schwarze: Was wäre, wenn Macbeth ein Mobiltelefon besessen hätte? Wie würde Charles Dickens’ Grosse Erwartungen als Videospiel aussehen? Und wie wäre es mit einer Stummfilmversion von Othello, die von Zombies auf dem Mars handelt?
Etwa zur selben Zeit, in der Gaulds Kafka publiziert wurde, erfreute er uns ausserdem mit der Graphic Novel Mooncop. Hier schildert er eine Zukunft, in der die Menschen den Mond besetzt haben, seiner aber bald überdrüssig werden. Der Titelheld Mooncop ist der letzte Polizist auf dem Mond, der kaum mehr Kriminalfälle zu lösen hat, da die einstigen Bewohner des Mondes allesamt wieder zur Erde zurückgekehrt sind. Also dreht er seine Runden, legt seine Berichte zu den Akten und ist stolz auf seine „hundertprozentige Aufklärungsrate“. Seine einzige wirkliche Herausforderung ist die Suche nach einem vermissten Hund.
Trotz der simplen Zeichnungen gelingt es Gauld, uns eine durchaus überzeugende Darstellung vom Leben auf dem Mond zu vermitteln. Natürlich darf auch eine Romanze nicht fehlen, wenn in diesem Fall auch eine eher ungewöhnliche. Alles in allem zeichnet sich Mooncop durch eine sparsame, gelassene Erzählweise aus: Es geschieht zwar kaum etwas, trotzdem beschert uns Gauld Gefühle der Dankbarkeit und der süssen Melancholie, und ebenso die Moral, dass es durchaus in Ordnung sein kann, wenn die Dinge nicht immer so laufen, wie wir das gerne hätten.

Mark David Nevins

Tom Gauld: „Mooncop“.
Drawn & Quarterly, 96 S.,
Hardcover, s/w mit Dunkelblau,
$ 19.95

Tom Gauld: „Kochen mit Kafka“.
Edition Moderne, 160 S.,
Hardcover, farbig,
EUR 19 / CHF 24.80

Lewis Trondheim/Stéphane Oiry: Maggy Garrisson

Der moralische Zwiespalt im Bierglas

Sie ist schnoddrig, schlagfertig, direkt und skrupellos; sie ernährt sich von Junkfood und Bier (was sich auch in ihrer Figur äussert); sie nimmt es mit korrupten Polizisten und ruchlosen Gangstern auf und mausert sich eher zufällig zur gewieften Privatdetektivin und Improvisationskünstlerin, die ihre moralischen Zwiespalte in Bier ertränkt; sie verliebt sich in Alex, der sich trotz einer soliden Ausbildung wegen der tristen Wirtschaftslage im Königreich für seinen kriminellen Cousin als Geldeintreiber und Schläger verdingt. Es gibt fast nichts, was Maggy Garrisson nicht tun würde, um dem Prekariat zu entfliehen – und das macht sie zu einer der interessantesten und lebensechtesten Figuren seit Längerem.
Lewis Trondheim, Autor dieser bereits drei Bände zählenden Serie, bekennt sich offen zum Einfluss des britischen Filmemachers Mike Leigh. Ähnlich wie Leigh zeigt Trondheim mit viel fiesem und schwarzem Humor eine ungeschönte Realität, in der das Überleben zum Kampf wird, der die moralischen Schwerkräfte immer wieder aufhebt, was man wiederum nur mit einer gehörigen Portion Mutterwitz und Humor (und Bier) erträgt. Maggy stapft durch das Grossbritannien der kleinen Leute, das Ambiente fühlt sich trotz der starken Farben des Zeichners Stéphane Oiry grau, kühl und regnerisch an, und Maggy schlägt sich mit mickrigen Fällen herum, die deutlich unter der Würde eines etwas auf sich haltenden Fernseh- oder Romandetektivs liegen.
Grossartig ist auch die Erzählstruktur von Maggy Garrisson. Die einzelnen Alben erzählen jeweils eine mehr oder weniger abgeschlossene Geschichte, werden aber durch eine lange Story zusammengehalten, in der sich die Figuren und ihre Beziehungen entwickeln und verändern; man freut sich also nicht nur auf den nächsten Fall, sondern ebenso auf die Fortsetzung der Saga um Maggy Garrisson.
Auch zeichnerisch überzeugt Maggy Garrisson: Der junge Stéphane Oiry setzt die Geschichten in einem realistischen Stil um, einer zeitgemässen Ligne claire ohne Retro-Nostalgie, und arbeitet gekonnt mit Farbstimmungen.
In einer Zeit, in der die klassische französische Bande dessinée weitgehend aus der Wiederholung und dem Wiederbeleben bekannter Muster, alter Rezepte und toter Helden zu bestehen scheint, bietet Maggy Garrisson eine willkommene, erfrischende und höchst unterhaltsame Abwechslung.

Christian Gasser

Lewis Trondheim/Stéphane Oiry: „Maggy Garrisson“.
Aus dem Französischen von Resel Rebiersch, bisher 3 Bände.
Schreiber & Leser, je 48 S.,
Hardcover, farbig,
EUR 14,95 / CHF 21.90

Jens Harder: Gilgamesch

Liebevolle Hommage an den „Vater aller Helden“

„Er-der-zuerst-kam“. Mit dieser Umschreibung huldigte der amerikanische Comic-Zeichner Todd McFarlane 1993 im zehnten Heft seiner Spawn-Reihe dem ersten aller Helden: Superman. Rein genre-geschichtlich trifft das zu. Superman war der erste Superheld. Wer jedoch wie der deutsche Zeichner Jens Harder den Blick weitet und nichts weniger als die Kulturgeschichte der Menschheit ins Auge fasst, für den ist ein anderer der „Vater aller Helden“: Gilgamesch. Der mythenumrankte König der mesopotamischen Stadt Uruk ist der Ur-Held schlechthin. Er lebte vermutlich im dritten Jahrtausend vor unserer Zeitrechnung. Um 1800 v. u. Z. wurden seine Taten erstmals niedergeschrieben. Heute umfasst das Gilgamesch-Epos zwölf, teils fragmentarische Tontafeln in sumerischer Keilschrift. Damit ist es die älteste schriftlich überlieferte Heldendichtung überhaupt.
Dieser „Mutter aller Erzählungen“ widmet sich Jens Harder in seinem neusten Comic. Voller Hingabe zum historischen Vorbild lässt er die Welt der alten Sumerer und den Werdegang des Königs von Uruk wiederaufleben. Auf 125 akribisch recherchierten Seiten wird der Leser zum Begleiter, wenn Gilgamesch, zu zwei Dritteln Gott und zu einem Drittel Mensch, auszieht, um sich – in seiner Macht masslos geworden – mit allen zu messen. Ein „Epos der Todesfurcht“nannte der Dichter Rainer Maria Rilke die Gilgamesch-Dichtung – und auch Harders Version vermittelt spürbar, wie die Sehnsucht nach dem ewigen Leben diesen Helden antreibt, und wie er zuletzt doch schmerzlich einsehen muss, dass der Tod für ihn genauso unausweichlich ist wie für jeden anderen auch.
Jens Harders Comic-Adaption freilich kommt ohne übertriebenen Pathos aus. Sie zeugt auf jeder Seite von einem äusserst liebevollen und reflektierten Umgang mit dem Original. „Zitieren, nicht imitieren“, lautet sein Credo. Die durchgehend erdfarbenen Figuren und Bildsequenzen lehnen sich unverkennbar an die reliefartigen, ornamentalen Darstellungen der historischen Tontafeln an. Ohne sichtbare Anstrengung überträgt er deren Merkmale in die Bildsprache des modernen Comics. Dabei verzichtet er auf spektakuläre Effekte, die man aus Superhelden-Comics kennt. Ganz einfach zu lesen ist Harders Gilgamesch zwar nicht, gleichwohl eröffnet er einen neuen Zugang zum ältesten Epos der Welt. Dem Vorsatz, „eine Brücke zu schlagen von den ersten Heroensagen zu den Comic-Helden der Moderne bis zu Superman & Co.“, wird Harders Adaption jedenfalls vollends gerecht.

Florian Meyer

Jens Harder: „Gilgamesch“.
Carlsen, 144 S.,
Hardcover, farbig,
EUR 24,99 / CHF 35.90

 

Kurz und Gut

Von Christian Meyer-Pröpstl

Immer häufiger widmen sich Comics der aktuellen Flüchtlingsproblematik. Gerade noch erschien beim Splitter Verlag der Titel Liebe deinen Nächsten über Rettungsaktionen im Mittelmeer und Olivier Kuglers Dem Krieg entronnen bei der Edition Moderne. Nun erscheint eine weitere Comic-Reportage zum Flüchtlingsthema: In Der Riss verfolgen die Journalisten Carlos Spottorno und Guillermo Abril Fluchtwege quer durch Europa – von Nordafrika über Bulgarien nach Calais und Finnland. Grafische Basis sind bearbeitete Fotos, Texttafeln erläutern das Bildmaterial. Das wirkt zunächst spröde, entfaltet in seiner Detailliertheit und Fülle aber ein umfassendes Bild der Krise.

Carlos Spottorno & Guillermo Abril: „Der Riss“.
Avant, 184 S.,
Hardcover, farbig,
EUR 32 / CHF 45.90

Vorangestellt ist Fabien Toulmés Die zwei Leben des Balduin ein Zitat von Konfuzius: „Wir haben zwei Leben – das zweite beginnt in dem Moment, in dem wir erkennen, dass wir nur eines haben“. Genau dieses Phänomen widerfährt dem Protagonisten Balduin, als ihm mitgeteilt wird, dass er nur noch wenige Monate zu leben hat. Sein Bruder holt ihn aus dem ersten Schock heraus und zeigt ihm die Chancen auf, die in der Krankheit stecken. Balduin, der bislang ein frustriertes Leben zwischen Überstunden und Single-Dasein lebte, lernt das Leben kennen. Toulmé nimmt uns mit seinen zunehmend farbenfrohen Zeichnungen auf eine berührende Reise mit, die einem zum Schluss die Tränen in die Augen treibt.

Fabien Toulmé: „Die zwei Leben des Balduin“.
Avant, 242 S.,
Hardcover, farbig,
EUR 30 / CHF 43.90

Ganz ohne Text kommt Gloaming von Keaton Henson aus. Henson visualisiert darin seine Kindheitsfantasie, dass seine Welt der britischen Vororte bevölkert ist von Monstern, die wir nicht sehen können. Die oft überdimensionalen Figuren kauern traurig in Vorgärten, schweben entmutigt über Hausgiebeln oder schleichen schlaff über Brachland; die filigranen Schwarzweiss-Zeichnungen unterstreichen die melancholische Stimmung.

Keaton Henson: „Gloaming“.
Luftschacht, 112 S.,
Hardcover, s/w,
EUR 23 / CHF 29.90

G.B. Trudeaus Strip Doonesbury erscheint seit mehreren Dekaden in unzähligen US-Zeitungen, sein von Zeitgeschichte durchdrungenes Figurenarsenal zählt viele Fans. Es gibt aber mindestens einen, der Doonesbury echt scheisse findet: Trump. Denn seit 1988 kommt The Donald immer wieder in der Serie vor. Und das natürlich in allen Schattierungen seiner Besorgnis erregenden Psyche. Trump! ist eine Sammlung dieser Strips und zeigt auf erschreckend-komische Art, dass der schräge Typ, der inzwischen Präsident der Vereinigten Staaten ist, wohl immer schon so war, wie er ist.

G.B. Trudeau: „Doonesbury:
Trump! Eine amerikanische Dramödie“.
Splitter Verlag, 112 S.,
Hardcover, farbig,
EUR 18,80 / CHF 24.90

Federico Cacciapaglia schickt in Immigrant Star Ziggy, einen arbeitssuchenden, kosmischen Flüchtling (die Erde ist gerade explodiert), und sein Einhorn Bowie ins All. Bowie muss kotzen, wenn er nur schon das Wort Job hört, und Ziggy merkt nach etlichen Fehlversuchen, dass er sich langsam seiner Bestimmung als freischaffender Künstler annähern muss. Ein wildes Abenteuer durch ein fantastisches Sonnensystem – in englischer Sprache.

Federico Cacciapaglia: „Immigrant Star“.
In Englisch. Jaja Verlag, 288 S.,
Softcover, farbig,
EUR 12 / CHF 17.90

Fred Dewilde verarbeitet in Bataclan: Wie ich überlebte seine Erlebnisse bei dem Terroranschlag auf die Pariser Konzerthalle, in der er als Zuschauer war. Die Stunden in Todesangst schildert er in klaustrophobischen Zeichnungen. Seine Gedanken der folgenden Tage und Wochen verfasst er hingegen rein schriftlich. Das ist etwas enttäuschend, vor allem, nachdem die Charlie-Hebdo-Zeichner Catherine Meurisse und Luz in ihren Werken so eindrucksvolle Bilder für den Weg zurück ins Leben gefunden haben.

Fred Dewilde: „Bataclan: Wie ich überlebte“.
Panini, 50 S.,
Hardcover, s/w,
EUR 16,99 / CHF 23.90

Gion Capeder erzählt in Superman von einem erfolgreichen Geschäftsmann, der zwischen Familie, Karrierestress und Affäre langsam jeden Halt verliert. In klaren, sachlichen Zeichnungen nähert sich Capeder dem Abgrund, die Kühle der Erzählung steht der Empathie allerdings etwas im Wege. Letztendlich ist einem das selbstverschuldete Schicksal des Protagonisten etwas egal.

Gion Capeder: „Superman“.
Edition Moderne, 120 S.,
Hardcover, farbig,
EUR 28 / CHF 32.—

Héctor Oesterheld war der Autor des langlebigen Science-Fiction-Comics Eter-
nauta, der in den späten 50er-Jahren veröffentlicht wurde. Mit Eternauta 1969 hat er kurz darauf ein stark verkürztes Remake realisiert, das durch die experimentellen Zeichnungen des neuen Zeichners Alberto Breccia um einiges verwirrender daherkam und damit auch dem Chaos und den Repressionen der verschiedenen Militärdiktaturen in Argentinien weit eher Rechnung trug. Aufzeichnungen eines Terror-Regimes, dem Oesterheld letztlich zum Opfer fiel.

Héctor Germán Oesterheld / Alberto Breccia:
„Eternauta 1969“.
Avant, 64 S.,
Hardcover, s/w,
EUR 22 / CHF 32.90

Frenk Meeuwsen hat seine Graphic Novel über den Zen-Buddhismus mit autobiografischen Anekdoten angereichert. In Zen ohne Meister erfahren wir allerlei Reflexionen über Zen und erleben zugleich, wie Frenk vom holländischen Jungen mit finsteren Selbstzweifeln zum entspannten, undogmatischen Zen-Buddhisten in Japan wird, wo er nun als Zeichner arbeitet. Die kontrastreichen Zeichnungen wechseln abrupt und kapitelweise die Erzählebene, was mitunter eine echte Herausforderung ist.

Frenk Meeuwsen: „Zen ohne Meister“.
Avant, 304 S.,
Softcover, s/w,
EUR 25 / CHF 37.90

Hier und Dort ist eine Sammlung kleinerer Auftragsarbeiten des französischen Zeichners Baru. Mit seinem dynamischen, zur Karikatur neigenden Strich hat er sich in seinen Geschichten seit den 80er-Jahren pointiert den unteren Gesellschaftsschichten, jugendlichen Outlaws, Arbeitern etc. gewidmet, ohne moralisch oder sentimental zu werden. In seinen Auftragsarbeiten geht es quer durch die gesellschaftlichen Schichten, eine Haltung ist aber unabhängig von Sujets, Protagonisten oder Auftraggebern immer abzulesen.

Baru: „Hier und dort“.
Edition 52, 104 S.,
Softcover, farbig,
EUR 18 / CHF 26.90

Nach Cosey und dem Duo Trondheim/Keramidas durfte sich nun Régis Loisel an eine Micky-Maus-Story machen. Loisel, der zuletzt mit seiner grossen Serie Das Nest die sozialen Gefüge eines kleinen kanadischen Dorfes in den 1920er-Jahren feierte, behält auch in Café Zombo diesen Blick auf die Zeit der Weltwirtschaftskrise bei: Mickys Dorf wird von üblen Spekulanten bedroht, welche die Arbeiter wie ferngesteuerte Zombies unterjochen. Die edle Aufmachung des Bandes korrespondiert mit den feinen Zeichnungen, die ebenso wie der leicht aggressive und grobe Tonfall an die Frühzeit der populären Disney-Figur erinnern. Auch wenn das Intro und das Finale etwas gar an langatmigem Slapstick kranken, die Story ist dem sozialen Bewusstsein durchaus förderlich.

Régis Loisel: „Café Zombo“.
Egmont Comic Collection, 80 S.,
Hardcover, farbig, EUR 29 / CHF 41.90

Biografien

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Diego Gerlach
*1981 in Brasilien, arbeitet als Comic-Zeichner für brasilianische und internationale Magazine. 2017 erschien sein bisher bekanntestes Werk, ein Mini-Comic mit dem Titel Arrecém, der sich um obdachlose Stadtnomaden dreht, die – man weiss es nicht genau – vielleicht einen Pakt mit dem Teufel geschlossen haben.
Diego Gerlach nasceu em 1981, no Brasil. Faz quadrinhos para revistas brasileiras e internacionais. Em 2017, publicou sua obra mais conhecida até agora, uma mini-HQ intitulada Arrecém. As personagens são sem-teto que – não se sabe ao certo – talvez tenham feito um pacto com o diabo.

www.instagram.com/vibetronxacomix

PEDRO MOURA
Pedro Moura ist ein portugiesischer Comic-Kritiker und schreibt vor allem auf Lerbd (blogspot) und Yellow Fast & Crumble (wordpress). Im Bereich Comic arbeitet er auch als Lehrer, Kurator, Übersetzer und in letzter Zeit auch als Szenarist. 2017 machte er seinen Doktorabschluss mit einer Arbeit über Trauma-Studien und Comics. In seinem Handy hat er ein Foto von glühender Lava.
Pedro Moura é um crítico de quadrinhos por–tuguês. Escreve, principalmente, para os blogs Lerbd (blogspot) e Yellow Fast & Crumble (wordpress). Nesta área, também trabalha como professor, curador, tradutor e, mais recentemente, roteirista. Concluiu seu doutorado em 2017, com uma tese cruzando os Estudos do Trauma e os Quadrinhos. Tem uma foto de lava incandescente em seu telefone celular.
lerbd.blogspot.ch
yellowfastandcrumble.wordpress.com

Corinne Odermatt
*1985 in Stans (Schweiz). Sie studierte in Luzern an der Fachklasse Grafik. Seit 2005 bewegt sie sich als freischaffende Gestalterin und Künstlerin an der Schnittstelle von angewandter und freier Kunst und ist als treibende Kraft interdisziplinärer Kulturprojekte aktiv. Seit 2013 ist sie Mitherausgeberin von STRAPAZIN.
Corinne Odermatt nasceu em 1985 em Stans (Suíça). Estudou artes gráficas em Lucerna. Desde 2005, circula como designer e artista independente na fronteira entre trabalho autoral e arte aplicada. Além disso, participa ativamente de projetos culturais interdisciplinares. Coedita, desde 2013, a revista STRAPAZIN.
www.corinneodermatt.ch

Fanny Vaucher
*1980 in der Schweiz, verbrachte ihre Kindheit in Burkina Faso und studierte an der Universität Lausanne und an der École des Arts Appliqués de Genève. Seit 2010 arbeitet sie als selbständige Illustratorin und Texterin sowie als Mitherausgeberin des Comic-Magazins La Bûche.
Fanny Vaucher nasceu em 1980 na Suíça, passou a infância em Burkina Faso e estudou na Universidade de Lausanne e na Escola de Artes Aplicadas de Genebra. Desde 2010, trabalha como ilustradora e redatora autônoma, bem como coeditora da revista de quadrinhos La Bûche.
www.fixement.com

Talita Hoffmann
*1988 in Porto Alegre, Brasilien, studierte Graphic Design an der Universität von São Paulo. Die Werke der vielfach ausgezeichneten Künstlerin wurden an Gruppen- und Einzelausstellungen rund um die Welt gezeigt und finden sich in den Sammlungen verschiedener brasilianischer Museen.
Talita Hoffmann nasceu em 1988 em Porto Alegre. Estudou design gráfico na Universidade de São Paulo. Artista diversas vezes premiada, seus trabalhos foram exibidos em exposições individuais e coletivas pelo mundo e encontram-se no acervo de vários museus brasileiros.
www.talitahoffmann.com

Rafael Coutinho
*1980 in São Paulo, Brasilien, arbeitet als Designer, Animator, Maler, Bildhauer und Comic-Zeichner. Er war Teil des Kunstkollektivs Base-V, das mit Wandmalereien und experimentellen Kunstpublikationen Aufsehen erregte. Als Bildhauer und Maler hatte er 2009 eine erste Einzelausstellung mit dem Titel The Last Days of Porn.
Rafael Coutinho nasceu em 1980 em São Paulo. Trabalha como designer, animador, pintor, escultor e quadrinista. Fez parte do coletivo artístico Base-V, que teve repercussão com murais e publicações artísticas experimentais. Em 2009, Coutinho realizou sua primeira exposição individual como escultor e pintor, intitulada The Last Days of Porn.
www.pinterest.ch

Anete Melece
*1983 in Lettland. Sie studierte Visuelle Kommunikation an der Art Academy of Latvia und anschliessend Animation an der Hochschule Luzern – Design und Kunst. Sie arbeitet in Zürich als Illustratorin und Animationsfilmschaffende.
Anete Melece é letã, nascida em 1983. Estudou comunicação visual na Academia de Artes da Letônia e animação na Escola de Arte e Design da Universidade de Artes e Ciências Aplicadas de Lucerna. Trabalha em Zurique como ilustradora, criadora de filmes de animação e artista gráfica.
www.anetemelece.lv

Ampel Magazin
erscheint seit Februar 2010 in Luzern und zeigt Comics von verschiedenen Künstlerinnen. Das Ampel Magazin besteht aus den HerausgeberInnen Anja Wicki (*1987), Luca Bartulovic (*1988) und Andreas Kiener (*1986) und vielen weiteren ZeichnerInnen.
Ampel Magazin é uma revista publicada desde fevereiro de 2010 em Lucerna, reunindo quadrinhos de diferentes artistas. É editada por Anja Wicki (*1987), Luca Bartulovic (*1988), Andreas Kiener (*1986) e vária(o)s outra(o)s desenhistas.
www.ampelmagazin.bigcartel.com

Fabio Zimbres
*1960 in São Paulo, Brasilien. Sein erster Comic erschien 1986, als er noch Architektur studierte. Seither ist er als Comic-Zeichner und Herausgeber von Comic-Zeitschriften tätig. Er lebt heute in Porto Alegre, Brasilien.
Fabio Zimbres nasceu em 1960, em São Paulo. Publicou seu primeiro quadrinho em 1986, quando ainda estudava arquitetura. Desde então, trabalha como autor e editor de revistas de quadrinhos. Vive em Porto Alegre.
www.fzimbres.com.br