«Verwegen, verworfen, verpasst» lautet der Titel der Ausstellung, die vom November 2010 bis zum März 2011 im Zürcher Stadthaus präsentiert wird. Gezeigt werden Entwürfe, die eine Neugestaltung der Stadt respektive den Neubau einzelner Objekte anstrebten, denen aber die Realisierung versagt blieb. Zu den Orten, welche die Phantasie der Architekten und Ingenieure besonders anregten, gehört der See, insbesondere dessen Ufer. An dieser städtebaulich besonders markanten Lage, suchten die Verfasser vieler Projekte meist den großen Auftritt. Seit der Mitte des 19. Jahrhunderts wurden Entwürfe publiziert und Ideen propagiert. Obwohl mit der Realisierung der Quaianlagen unter der Leitung von Arnold Bürkli eine Ufergestaltung realisiert wurde, die weit herum auf Anerkennung stieß, blieb die Gestaltung des Seeufers und die anschließende stadtseitige Bebauung auch im 20. Jahrhundert ein Dauerbrenner.
Als Einstieg seien hier einige Projekte aus der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts, eine Auswahl von Beiträgen aus den Seeuferwettbewerben 1926 und 1937 und das Projekt Seepark dargestellt. Sie zeigen vor allem eines: Für kaum eine andere Stelle in der Stadt, abgesehen vielleicht vom Hauptbahnhof, wurden über eine so lange Zeit immer wieder neue, hochfliegende Ideen präsentiert. Allesamt blieben sie Makulatur: Gleichzeitig sind die erhaltenen Dokumente aber Inspirationsquelle für immer neue Vorschläge und Entwürfe für Zürichs künftige Entwicklung am See und darüber hinaus.
Im Zusammenhang mit der 1874 eingeläuteten Planung der Quaianlagen entstand eine Vielzahl von Projekten für die Bebauung des Areals der alten Tonhalle, die heutige Sechseläutenwiese.
Die Vorschläge reichen von der Platzierung mehrerer einzelner Bauten entlang dem Quai, über Heinrich Ernsts gigantischen Galeriebau in der Art der Galleria Vittorio Emanuele II in Milano und einem ähnlich riesigen Komplex von Adolf Brunner, der 11 Wohn- und Geschäftshäuser umfasste, bis zum Wettbewerbsprojekt «die Grossstadt» von Kuder und Müller, das eine Verlängerung des Stadelhoferplatzes zum See hin vorsah. Schließlich entwarf Alfred Friedrich Bluntschli 1896 ein Projekt für ein Kunsthaus mit zwei flankierenden Geschäfts- und Wohnhäusern. Bluntschlis Entwurf wurde später auch für ein Kunsthausprojekt am Bürkliplatz verwendet.
Gleich zweimal, 1926 und 1937, veranstaltete die Stadt Ideenwettbewerbe zur Gestaltung des Seeufers. Das Hauptinteresse der Beurteilungsgremien richtete sich auf die Vorschläge zur Klärung der Verkehrssituation. Neben der Straßenführung interessierte auch die Anlage eines neuen, großen Platzes als Abschluß der Bebauung gegen den See und die Schiffsanlegestellen. Beide Wettbewerbe zeitigten auch Vorschläge, die auf eine grundsätzliche städtebauliche Neugestaltung abzielten, ohne jedoch die Jurys überzeugt zu haben.
Die Idee eines großzügigen Platzes am See und einer Erweiterung der Quaianlagen – inklusive neuer Infrastrukturen für den motorisierten Individualverkehr (Parkhaus, Tunnel) – ist auch der Antrieb hinter Werner Müllers Seeparkprojekt. Erstmals 1956 und dann nochmals 1974 legte Müller Projekte vor. Weder mit dem Seepark I (scheiterte aufgrund bautechnischer Schwierigkeiten) noch mit dem Seepark II (abgelehnt in einer Volksabstimmung) hatte Müller Erfolg. Auch Fürsprecher wie Max Frisch konnten die Projekte nicht retten. Nach den Initiativen von Werner «Seepark» Müller blieben die Quaianlagen respektive das Seeufer bis heute von ähnlich umfassenden Veränderungsabsichten verschont.
|
|
Ja-Plakat zur Volksabstimmung vom 30. Juni 1974 zur «Motion Seepark» (Seepark II)
|