No: 106

  • Sharmila Banerjee

EDITORIAL

MANCHMAL...

Manchmal passiert es, dass zwischen Comiczeichnern eine freundschaftliche Vertrautheit wächst, ohne dass sie sich je begegnet wären. Beim gegenseitigen Lesen ihrer Bücher treten sie in einen Dialog, der beim ersten leibhaftigen Zusammentreffen nahtlos fortgesetzt werden kann.

So jedenfalls ist es Kati Rickenbach, Vanessa Davis, Ulli Lust und Gabrielle Bell ergangen. Wahrscheinlich ist es kein Zufall, dass Kristiina Kolehmainen gerade diese Zeichnerinnen zur Small Press Expo 2011 nach Stockholm eingeladen hat. «In welchen Dialog würden unsere Comics treten, wenn man sie direkt aneinander reihte?», fragten sich Kati Rickenbach und Ulli Lust mit glänzenden Augen und
baten die geschätzten Kolleginnen um einen Beitrag für eine gemeinsame Strapazin-Ausgabe. Der «Damen-Stammtisch» war geboren.

Die Zeichnerinnen Claire Lenkova, Aisha Franz, Elisabeth Zimpfer, Sharmila Banerjee und Caroline Sury stiessen zur Runde; auch sie verbindet ein neugieriger Blick auf die Welt. Die autobiographischen Werke, mit denen einige von ihnen in den letzten Jahren Aufsehen erregten, sind weniger Innenschau als Gesellschaftsbeschreibung.

In Romanen, Reportagen oder fiktiven, in der Gegenwart angesiedelten Szenerien, zeichnen sie ein unmittelbares Bild vom Treiben in den westlichen Grossstädten.

Die Originalzeichnungen der Comics für dieses Heft sowie weitere Werke der hier versammelten Künstlerinnen werden am Comicfestival Fumetto 2012 in Luzern zu sehen sein.

IN EIGENER $$$ACHE

Viele Jahre lang bekam man Strapazin für sehr wenig Geld, und dies vor allem deshalb, weil unsere Titelblattzeichnerinnen und –zeichner die Preisangaben aus purer Faulheit mit dem ganz dünnen Pinsel zu malen pflegten. Damit ist jetzt Schluss!
Ab sofort gelten im Einzelverkauf neue Tarife, nämlich 8 Euro oder 12 Franken, was für ein Druckerzeugnis in der gewohnt hohen Qualität von Strapazin immer noch schamlos günstig ist. Die Preise für ein Jahresabonnement betragen neu 28 Euro oder 40 Franken, der Abotalon befindet sich auf Seite 49. Wir danken für Verständnis, Treue und Anhänglichkeit.

DAS GESCHRIEBENE WORT

Schon siegt der Affect

Dann wollen wir an dieser Stelle doch wieder einmal mit einem Gedicht, nämlich mit einem Ausschnitt aus „Der Sieg der Liebe“ von Johanne Charlotte Unzer (1725–1782) in diese kleine Abhandlung starten:

Schon siegt der Affect!
Entzückende Schmerzen
In Freude versteckt.
Erwachen im Herzen

Es tobt in der Brust
Bey Seufzern und Thränen
Ein Vorwitz zur Lust
Ein treibendes Sehnen

So oft ich dem Witz
Zu lächeln befehle
Durchdonnert ein Blitz
Von Schrecken die Seele

Diese hübschen und sinnigen Verse umschreiben eigentlich Thema und Inhalt der gesamten momentanen Erfolgsliteratur und, wenn ich das so sagen darf, vor allem der Literatur, die von Frauen geschrieben wird.
Johanne Charlotte Unzer wurde zu ihrer Zeit als „anakreontisches Mädchen“ bezeichnet. Keine Beleidigung, beileibe nicht! Sie gehörte zu den Dichtern und ganz wenigen Dichterinnen, die nicht mehr nur über Philosophie und Moral und deren Verkörperung in der Idee von Gott dichteten. Sie schmiedeten ihre Reime vielmehr über die Freuden des Lebens: Locker in schöner Landschaft sitzen, Wein trinken, lieben, Freundschaft und Geselligkeit pflegen und anderes. Man benannte sie nach dem antiken Dichter Anakreon, der eine Art Kolumnist und Gebrauchsdichter bei diversen griechischen Tyrannen war.

Ich hätte hier als Einleitung selbstverständlich auch aus Michèle Rotens Buch „Wie Frau sein. Protokoll einer Verwirrung“ zitieren können, in dem die umtriebige Kolumnistin versucht, den Feminismus und den befrachteten und verhunzten Begriff der Emanzipation von der Last seiner Geschichte und Irrtümer zu reinigen.

Ich glaube, ein zeitgemässer Feminismus ist keine Theorie, keine Ideologie und auch keine politische Bewegung, er hat keine Parolen und typischen Kleidungsstücke. Zeitgemässer Feminismus ist ein Bewusstsein, eine gewisse Sensibilität für allgemeine Ungerechtigkeit (nicht nur frauenbezogene!); er ist jede Frau, die ihren Weg geht.

Das sagt sie doch ziemlich gut, oder?

Trotz all ihrer verdammten Autonomie und Tüchtigkeit ist Felicitas wehrlos der Macht der Liebe ausgesetzt, als sie Domenico trifft. Im Hotel, in dem sie am Empfang arbeitet, steigt der Latin Lover (kann man schon noch sagen, oder?) mit einer älteren Frau ab. Tatsächlich kommen Felicitas und Demonico, nein, Domenico noch zusammen, doch der Typ ist, wie erwartet, ein Filou (kann man das noch sagen? Sonst einfach: Drecksack). Felicitas hat es eh schon schwer mit ihrer Familiengeschichte: Ihre Mutter war noch ein Teenager, als sie auf die Welt kam, der spätere Stiefvater war Schweizer und deshalb ein wirklich ekelhafter Kerl. Der flatterhafte Domenico verlässt Felicitas wieder und diese begeht Selbstmord aus Liebeskummer. Sie kommt prompt ins Fegefeuer, in jenen Empfangsraum, von wo aus es entweder zum Himmel oder zur Hölle geht. Dort arbeitet Felicitas sich mit ihrer Tüchtigkeit bald zur Chefin des Etablissements hoch. Nun wartet sie mit einer hübschen Folterkammer auf Domenico, denn eines Tages wird er kommen. Aber als es dann soweit ist, fällt Felicitas halt doch wieder auf ihn herein.
Der dritte Roman von Sandra Hughes ist eine gelungene, flott gestaltete Tragikomödie mit abenteuerlichen Schauplätzen und Wendungen. Es tobt in der Brust, bei Seufzern und Tränen, aber Hughes schreibt stets handlungsorientiert und auf einen wirklichen Plot hin. So etwas liest man sehr gern.

Auch der neue Roman von Milena Moser hat ziemlich viel beschädigtes, von der Herkunft und Entwicklung gezeichnetes Personal. Ted zum Beispiel ist ein verhinderter Casanova, der sich nur für Frauen interessiert, die ihn abblitzen lassen. Dann sind da auch Nevada, die von ihrem Vater missbraucht wurde, und Poppy, dem von einem nicht erkannten Aufmerksamkeitsdefizitsyndrom das Leben vermiest wird. Oder Wolf, der von seinem Vater regelmässig brutal verprügelt worden ist. Andere Protagonisten sind klassische Geschädigte dieser furchtbar alternativen Lebensentwürfe der 1970er-Jahre. Gemeinsam ist dieser Schar von Romanfiguren, dass sie Yoga praktizieren, immer am Montag. Nevada lehrt es sogar, bis bei ihr eine Form von Multipler Sklerose festgestellt wird. Krankheit? Aber doch nicht im Yoga, das doch so gesund für Leib und Seele ist. Nevada wird abgesägt. Dann aber stirbt die Frau von Wolf, und Poppy, seine Geliebte, bezichtigt sich des Mordes. Selbstverständlich war sie es nicht und am Ende finden sich fast alle der Geplagten und Neurotiker in einem dezenten Happy-End wieder.
Der Roman besticht durch das bunte und pittoreske Personal und teilweise auch durch die eindringliche und witzige Charakterisierung desselben. Doch manchmal ist es einfach zu viel, die Figuren geraten zu Pappkameraden. Die Geschichte bräuchte eher weniger an psychischer Determinierung und stattdessen ein bisschen mehr Handlungsdrive, einen Coup, einen Plot. Nicht nur ein treibendes Sehnen.

Welcome to real tragedy! Jessica Durlacher ist die Tochter des Soziologen und Schriftstellers Gerhard Durlacher, der als einziger aus seiner Familie Auschwitz überlebt und als einer der ersten darüber geschrieben hat. Seine Tochter setzt diese Tradition fort und schreibt auch in ihrem neuen Roman über das Leben von Familien, in denen die Eltern den Holocaust überlebt haben, und wie diese Erfahrung sie und ihre Kinder traumatisiert und geprägt hat. Hier geht es diesmal ganz präzise auch um die Frage nach der Berechtigung von Gewaltausübung.
Die Protagonistin des Romans, Sara Silverstein, ist entsetzt. Ihr Sohn Mitch, holländisch-amerikanischer Doppelbürger, will aus vorderhand unerklärlichen Gründen ein US-Marine – also ein ganz harter und böser Elite-Soldat – werden. Saras Grosseltern sind im KZ von den Nazis ermordet worden, ihr Vater Herman Silverstein hat Auschwitz als Kind überlebt, doch die näheren Umstände der Tragödie bleiben im Verborgenen. Dann mehren sich plötzlich die aktuellen Gewalttaten: Herman stirbt nach einem Unfall, Sara wird fast vergewaltigt, ihre Familie überfallen und Mitchs kleine Schwester schwer traumatisiert. Dahinter steckt ganz offensichtlich ein unfähiger Bauunternehmer, den der alte Herman Silverstein in den Ruin getrieben hat. Sara nimmt sich vor, den faschistoiden Typ mit der alten Pistole ihres Vaters umzunieten, aber sie schafft es nicht. Mitch übernimmt diese unmoralische Aufgabe, ganz offensichtlich vom alten Silverstein kurz vor seinem Tod diesbezüglich instruiert.
Die Geschichte wirkt manchmal ein bisschen konstruiert, die Figuren trotz aller Ambivalenz etwas schematisch. Manchmal klingt auch eine merkwürdige und irritierende Homophobie an, wenn der reiche Sohn Mitch gegen die „Proleten“ wettert. Merkwürdig durchdonnert ein Blitz von Schrecken die Seele.

Dann begutachtete sie, in einer gleichermassen glücklichen Ruhe, ihre Fingernägel, die von einem so dicken und leuchtenden Rot waren, als hätte sie eben erst davon abgelassen, mit den blossen Händen einen Ochsen in Stücke zu reissen.

So schreibt die unvergleichliche Dorothy Parker. Jetzt gibt es eine kleine Auswahl von zehn ihrer sogenannten New Yorker Geschichten. Dabei handelt es sich um umwerfende Satiren auf die feinen Damen und Herren der New Yorker Gesellschaft, aber auch um einfühlsame und zornige Storys, welche die Diskriminierung der Farbigen und den latenten Rassismus der weissen Oberschicht und der Intelligentsia zum Thema haben. Dorothy Parker (1893–1967) war die scharfzüngige Königin der Algonquin-Runde, eines legendären Literatenzirkels, der in den 20er-Jahren in New York das intellektuelle Tempo für Amerika vorgab.
Beim Lesen von Parkers wunderbaren Geschichten wünscht man sich ganz spontan, dass es auch heutzutage noch mehr solche Schriftstellerinnen gäbe, die derart beissenden Witz und unbändige Spottlust haben.

Playlist:
  • Michèle Roten: «Wie Frau sein».
  • Essay, Echtzeit Verlag 2011, 140 Seiten,
  • Sfr. 29.—
  • Sandra Hughes: «Zimmer 307».
  • Roman, Dörlemann Verlag 2012, 184 Seiten,
  • Sfr. 27.50
  • Milena Moser: «Montagsmenschen».
  • Roman, Verlag Nagel & Kimche 2012,
  • 395 Seiten, Sfr. 30.—
  • Jessica Durlacher: «Der Sohn».
  • Roman, Diogenes Verlag 2012, 408 Seiten,
  • Sfr. 38.90
  • Dorothy Parker:
  • «Morgenstund hat Gift im Mund»
  • Erzählungen, Verlag Kein & Aber 2011,
  • 208 Seiten, Sfr. 21.90

 

DAS MAGAZIN

Tarpe Mills: Miss Fury

Feministischer Klassiker

Als die männlichen amerikanischen Superhelden während des Zweiten Weltkriegs gegen Nazideutschland in die Schlacht zogen, Hitler symbolisch vermöbelten (Captain America) oder vor ein Gericht des Völkerbundes stellten (Superman), blieben die Frauen in den Vereinigten Staaten zurück. Sowohl die realen Frauen wie auch die weiblichen Charaktere im Comic, von denen in den 1940ern zwar nicht viele, dafür jedoch umso eindrucksvollere Beispiele entstanden. Etwa Miss Fury, die erste weibliche Superheldin, die von einer Frau, June Tarpé Mills, entwickelt und gezeichnet wurde (obwohl Mills – wie ihre Zeitgenossin Dale (Dalia) Messick, Zeichnerin von Brenda Starr – auf Druck ihres Verlegers ihre weibliche Identität durch einen geschlechtlich nicht deutbaren Namen verschleiern und sich Tarpe Mills nennen musste).

In dem zunächst noch unter dem Namen «Black Fury» publizierten Comic geht die leicht gelangweilte, wohlhabende Erbin Marla Drake in einem schwarzen Leopardenfell, das ursprünglich bei spirituellen Zeremonien eines afrikanischen Medizinmanns zum Einsatz kam und mysteriöse übernatürliche Kräfte verleiht, ab 1941 als Miss Fury auf Verbrecherjagd. Und während ihre männlichen Kollegen in Europa mit der Nazi-Herrschaft aufräumen, bekommt es Miss Fury mit nach Amerika geflohenen Nationalsozialisten zu tun: Ihre Erzfeindin ist eine Adelige mit dem bedeutsamen Namen Baroness Erika von Kampf, die bis Ende der Vierziger immer wieder in den Strips auftaucht und ebenso wie der zwielichtige deutsche General Bruno von Miss Fury in die Schranken gewiesen werden muss. Nebenbei: Wer wissen will, woher Quentin Tarantinos Idee aus «Inglorious Basterds» stammt, gefangene Nazis mit einem Hakenkreuz auf der Stirn zu markieren, damit ihre Täterschaft sichtbar bleibt, dem sei Miss Fury ebenfalls ans Herz gelegt: Ein solches Hakenkreuz auf der Stirn trägt unfreiwillig Erika von Kampf. Die Episode, in der sie dieses eingebrannt bekommt, ist in dem edel aufgemachten und von Trina Robbins edierten Sammelband aller Miss-Fury-Sonntagsstrips zwischen 1944 und 1949 leider nicht enthalten. Dafür wird der Leser mitten hineingeworfen in das komplizierte Leben Marla Drakes, ihre Männergeschichten sowie Auseinandersetzungen mit Erika von Kampf und General Bruno.

Nachdem die Reihe 1951 eingestellt wurde, ist sie schnell in Vergessenheit geraten, nun ist der Klassiker der feministischen Comic-Geschichte in einer aufwändigen Suche in diversen Zeitungs- und Universitätsarchiven, Bibliotheken und privaten Sammlungen auf zwei Kontinenten annähernd vollständig (einige Sonntagsstrips waren nur noch in Schwarzweiß aufzufinden) rekonstruiert und mit allerlei Bonusmaterial – etwa der unvollendeten Graphic Novel «Albino Jo, the Man with Tiger Eyes» und einer Einführung ins Leben und Werk von June Tarpé Mills – versehen worden.

Jonas Engelmann

  • Tarpe Mills: «Miss Fury». Sensational Sundays 1944–1949.
  • IDW Publishing, 234 S., Hardcover mit Schutzumschlag, s/w & farbig,
  • $ 49.99

Birgit Weyhe: Reigen

Aneignungen

«Marie» steht eingraviert auf der Rückseite einer Taufkette mit dem Abbild der Jungfrau Maria, die zur symbolischen Protagonistin in Birgit Weyhes Debüt «Reigen» wird. Über die Weitergabe der Kette werden in zehn Episoden mal mehr, mal weniger wichtige Ereignisse und Themen des 20. Jahrhunderts miteinander in Verbindung gebracht: der Erste und Zweite Weltkrieg, der Luftkrieg der Alliierten, frankokanadische Separationsbestrebungen, aber auch politische Hoffnung und Repression in Kenia.

Lose angelehnt an Arthur Schnitzlers Drama «Reigen» bilden die über die Taufkette miteinander verbundenen Episoden einen Kreislauf, der von den Kriegswirren des Ersten Weltkriegs bis in die Gegenwart des Jahres 2011 reicht und sich – ähnlich wie bei Schnitzler – durch alle gesellschaftlichen Schichten zieht: Die französische Fabrikarbeiterin (und spätere Résistance-Kämpferin) Lucille Dubois oder der kenianische Bootsjunge Samuel Wafula sind ebenso kurzzeitige Besitzer der Kette wie die aufstrebende Jungakademikerin Marie Laurent. Letztere stellt sich als die Urenkelin der ersten Besitzerin der Kette, Marie Boivin, heraus, womit sich der Reigen schließt.

Während Schnitzlers Drama 1920 einen Theaterskandal auslöste, weil die Sexualität, das Verhältnis von Macht und Verführung, im Mittelpunkt stand, kann Birgit Weyhes Wahl – statt Körperflüssigkeiten die Jungfrau Maria von Personenkonstellation zu Personenkonstellation weiterzugeben – als eine ironische Aneignung Schnitzlers gelesen werden. Neben der ironischen Bezugnahme auf Schnitzlers Drama als Rahmen von Weyhes «Reigen» sind in einzelnen Episoden Zitate von wegweisenden Comics zum jeweils angeschnittenen Thema versteckt; so fühlt man sich bei den Bildern des Ersten Weltkrieges des Öfteren an die Arbeiten Tardis erinnert, während anderswo das Setting einer Episode, die das Verhältnis der in einer lesbischen Beziehung lebenden Marie Laurent zu ihrem Vater beschreibt, an die Vater-Tochter-Beziehung in Alison Bechdels «Fun Home» zu zitieren scheint. Auch wenn die Art, wie die Episoden über die Weitergabe der Kette miteinander verknüpft werden, manchmal ein wenig konstruiert wirkt, bleibt «Reigen» eine kurzweilige Lektüre, die gerade durch das breite Feld an Themen immer spannend bleibt. Die variantenreichen Schwarzweiß-Zeichnungen passen sich subtil den Lebensumständen und Persönlichkeiten der jeweils die Episode bestimmenden Protagonisten an, über deren Leben man in einigen Fällen gerne mehr erfahren hätte.

Jonas Engelmann

  • Birgit Weyhe: «Reigen».
  • avant-verlag, 234 S., Softcover, s/w,
  • Euro 19.95 / sFr. 27.80

Judith Vanistendael: Kafka für Afrikaner. Sofie und der schwarze Mann

Flüchtlingsschicksal «mit alles»

Am Schluss fragt man sich etwas ratlos, was einem Judith Vanistendael auf den knapp 150 Seiten von «Kafka für Afrikaner. Sofie und der schwarze Mann» eigentlich erzählen wollte. Die Liebesgeschichte zwischen Sofie und dem Asylbewerber Abou? Den Konflikt zwischen Sofie und ihren Eltern? Wollte sie die Bereicherungen und Schwierigkeiten einer interkulturellen Beziehung schildern? Die europäische Einwanderungs- und Ausschaffungspolitik und den Widersinn der belgischen Bürokratie anprangern? Oder ein bisschen «mit alles»?

Der Plot ist rasch zusammengefasst: Sofies Eltern fragen sich, warum ihre 19jährige Tochter so viel Zeit in einem Asylbewerberheim verbringt – bis diese ihnen Abou vorstellt. Da die belgischen Behörden dem Prinzen aus Togo die Foltergeschichte nicht abnehmen, bleibt dem Paar nach vielen bürokratischen Hürden und Fallen nichts anderes übrig als die Heirat, in welche die Eltern – durch die Umstände anfangs befremdet, dann zusehends nett und weltoffen – schließlich einwilligen.

Keine Frage, das ist der Stoff für eine interessante, packende und wichtige Geschichte. Ein gutes Thema allein ist jedoch längst noch keine gute Geschichte, und das ist das Problem von «Kafka für Afrikaner». Vanistendael gelingt es nicht, die Handlungsfäden, Figuren und Konflikte überzeugend zu verknüpfen. Man weiß nie so recht, welche Geschichte gerade erzählt wird und wer der entscheidende Handlungsträger ist. Abou? Sofie? Ihr Vater? Die Versuchung, ein bisschen alles ansprechen zu wollen, führt so zu einer unangenehmen Oberflächlichkeit: Wir erfahren kaum etwas über die Gefühle zwischen Sofie und Abou und ebenso wenig über ihren Alltag; der Konflikt zwischen Eltern und Tochter, aber auch der Sinneswandel der Eltern wird kaum reflektiert und das Verhalten der Festung Europa gegenüber Flüchtlingen aus dem Süden nur gestreift. So wird man den Figuren und ihren Beziehungen gegenüber je länger, je gleichgültiger ­ bis man schließlich im Epilog erfährt, dass sich Sofie bereits ein Jahr später vom exotischen Gatten getrennt und mit einem soliden Belgier eine Familie gegründet hat. Die Dämonen, die Abou verfolgten, so ihre einzige (und unbefriedigende) Erklärung, seien ihr zu mächtig geworden.

So bleibt nach dem Zuklappen von «Kafka für Afrikaner» ein schaler Nachgeschmack: Im aktuellen Graphic-Novel-Hype reicht heute offensichtlich das «gute» Thema aus, um ungeachtet anderer Qualitäten erfolgreich veröffentlicht zu werden. Das ist schade für das dringliche Thema. Und frustrierend für die Leser.

Christian Gasser

  • Judith Vanistendael: «Kafka für Afrikaner. Sofie und der schwarze Mann».
  • Reprodukt Verlag, 152 S., Klappenbroschur, s/w,
  • Euro 20 / sFr. 26.90

Michèle Gazier, Bernard Ciccolini: Virginia Woolf

Die Wogen im Leben der Virginia Woolf

Allein der eine Satz, der die Wirkung einer Welle beschreibt und mit dem Leben eines Menschen verbindet, bleibt unvergesslich: «Die Welle hielt inne und zog sich dann wieder zurück, seufzend wie ein Schlafender, dessen Atem unbewusst kommt und geht.» Zu lesen ist er in Virginia Woolfs sechstem Roman «Die Wellen», gleich zu Beginn, wo die Nacht dem Tag weicht und eine Welle, schaumgekrönt, den Strand bedeckt und wieder freigibt. Mit einer Bildfolge von der Küste bei St. Yves in Südwestengland, in der die Wellen überfließen in die aus der Schreibfeder strömenden Gedanken, beginnt die Comic-Biografie «Virginia Woolf», welche die Autorin Michèle Gazier und der Zeichner Bernard Ciccolini verfasst haben. Erschienen ist sie in der Reihe «Grand Destins de Femmes» (dt. «Bedeutende Frauenschicksale») der französischen Éditions naïve. Entsprechend schicksalsbetonend spult sich die strikt chronologische Erzählung ab: Sie beginnt im Haushalt des Schriftstellers Sir Leslie Stephen, in dem Virginia Woolf mit sieben Geschwistern aufwächst, schildert ihren Aufstieg und zeigt, wie sie mit ihrem Ehemann, dem Literaturkritiker Leonard Woolf, den Verlag «The Hogarth Press» führt. Es ist eine bemerkenswert technikfreie Welt, die sich zwischen intellektueller Bohème und kleinadligem Landleben vollzieht, und in welcher der Tod in Form von Typhus, Tuberkulose und Grippe viel stärker präsent ist als die Weltkriege, die wie irreale Wetterleuchten am Horizont flimmern.

Gaziers einfühlsame Erzählweise macht den Comic lesenswert: Dicht und doch zurückhaltend führt sie einen ins Familienleben ein, bleibt nahe am Werk und vermeidet doch ein bloßes Bebildern literarischer Zitate. Ciccolinis reichlich hölzerne Illustrationen halten da nicht mit: Die im Vorwort versprochene Leidenschaft ist ihnen kaum anzusehen. Am meisten überzeugen kann die Kolorierung, die das Auf und Ab der zunehmend depressiven und schließlich Suizid begehenden Virginia Woolf stimmig abbildet. Für den Schrecken jedoch, den das Ehepaar Woolf in Deutschland erlebt, als es der aufgewiegelten Nazi-Masse begegnet, gibt es gewiss gewieftere Illustrationstechniken, als elfenhafte Gesichtszüge mit koboldartigen Fratzen zu kontrastieren. Alles in allem ist Gaziers und Ciccolinis «Virginia Woolf» eine gefällige Lebensgeschichte, an der alle Entwicklungen, welche die Graphic Novel in den letzten 20 Jahren durchlaufen hat, leider unbemerkt vorbeigezogen sind.

Florian Meyer

  • Michèle Gazier, Bernard Ciccolini: «Virginia Woolf».
  • Éditions naïve, 96 S., Hardcover, koloriert,
  • Euro 23 / sFr. 36.80

Bastien Vivès: Polina

Der Weg einer Tanzschülerin zum Star

Was verbindet eine Ballettschülerin mit ihrem Lehrer? Ist es nur Erziehung und Ausbildung oder spielen auch Freundschaft, Fürsorge und Achtung eine Rolle? Diese Spannung zwischen professioneller Distanz, künstlerischer Hingabe und zwischenmen­schlicher Zuneigung zieht sich durch die gesamte Graphic Novel, mit welcher der Comicautor Bastien Vivès den Werdegang der russischen Tänzerin Polina Ulinow nachzeichnet. Schon beim Eintritt in die Tanzakademie ist ihre Begabung offensichtlich, und Polina wird der Meisterklasse von Nikita Bojinski zugeteilt. Wer Bojinski anvertraut wird, macht entweder große Karriere oder gibt auf. Auch Polina droht, an der ersten Hürde zu scheitern. Tanz habe immer leicht und elegant zu wirken, egal, wie schmerzhaft die Anstrengung auch sein möge, wird Polina vom Meister belehrt, bevor dieser sie fürs Erste vom Unterricht ausschließt: «Kommen Sie erst wieder, wenn Sie es mit dem Tanzen ernst meinen.» Polina besteht den Test und erklimmt bald die nächste Karrierestufe. Sie wechselt ins Theater. Mit dem dort gepflegten, «riskanteren» Tanzstil kommt sie jedoch schlecht zurecht. Als Polina einen Solotanz mit Bojinski einstudiert, kommt es zu einer Auseinandersetzung zwischen der Choreographin des Theaters und ihrem ehemaligen Lehrer.

Polina entscheidet sich für einen dritten Weg und schließt sich der Gruppe von Michail Laptar an. Dieser charismatische Choreograph macht sie mit dem experimentellen Tanz vertraut. Eine Aussprache mit Bojinski lehnt sie ab. Als sie sich am Knöchel verletzt und eine Hauptrolle verliert, gibt Polina ihrer Karriere nochmals eine Wende und bricht nach Berlin auf. Erst nach Jahren, als sie längst zu einem Star des Solotanzes aufgestiegen ist, trifft sie ihren Lehrer wieder, und die Begegnung ist gezeichnet von gegenseitiger Achtung, aber auch von der Enttäuschung, dass sie sich nie zu einem gemeinsamen Projekt haben durchringen können. Vivès schildert Polinas Werdegang ziemlich unprätentiös: Seine hauchfeinen, schwarzweißen Zeichnungen schmiegen sich der Leichtigkeit des Tanzes an und behalten zugleich durch einen erdigbraunen Grundton die Bodenhaftung. «Der Tanz ist eine Kunst. Es gibt keine Gegner und keine Partner», heißt es an einer Stelle, und die Ambivalenz, die sich zwischen der Eleganz des Tanzes und der Härte des Wettbewerbs aufspannt, durchzieht die ganze Graphic Novel.

Florian Meyer

  • Bastien Vivès: «Polina».
  • Verlag Reprodukt, 208 S., Softcover, zweifarbig,
  • Euro 24 / sFr. 33.50.

Lauren Redniss: Radioactive: Marie & Pierre Curie. A Tale of Love and Fallout

Strahlende Liebe – Das Leben der Madame Curie

Vor ein oder zwei Jahrzehnten beschäftigte ich mich mit dem poetischen Potenzial von Comics. Die Achtziger und Neunziger waren eine Zeit, in der sehr viel mit neuen Formen experimentiert wurde, Autobiografien waren gerade en vogue, viele Zeichner begannen, sich mit Reportage-Comics zu beschäftigen. Meisterwerke entstanden – wie z.B. Saccos «Palästina», Spiegelmans RAW-Magazin oder die wunderbaren Bücher von Marc-Antoine Mathieu – und kleine Verlage wie Amok/Freon oder L’Association ließen sich von eleganten Literaturmagazinen und der Kunstwelt inspirieren. Aber wo, fragte ich mich, blieb die Poesie? Gab es denn keine Möglichkeit, Comic und Poesie zu verschmelzen? Sollten die beiden Formen tatsächlich inkompatibel sein? Und wieso wagte keiner wenigstens einen Versuch?

Dann erschien Lauren Redniss’ «Radioactive» und damit ein verblüffendes Beispiel von Comic-Poesie. Nicht, dass das Buch in Versform geschrieben wäre; ganz im Gegenteil, es kommt eher prosaisch daher, auch wenn es sich sehr leicht liest. Eigentlich ist das Buch nicht einmal ein richtiger Comic, da es weder Panels noch Sprechblasen aufweist. Trotzdem besitzt es eine zutiefst poetische Empfindsamkeit, denn die Autorin hat ein subtiles Ohr für die Sprache und einen selbstbewussten Umgang mit Feder, Farbe und Komposition. Es ist nicht vermessen zu sagen, dass Redniss sowohl mit Poesie als auch mit Comics meisterlich umzugehen versteht.

«Radioactive» ist die Biografie von Marie Curie, ihres Zeichens nicht nur die erste weibliche Nobelpreisträgerin, sondern auch der erste Mensch, der zwei Mal den Nobelpreis gewann (einmal in Physik und einmal in Chemie). Das Album ist aber auch eine ausführliche Geschichte über die Erforschung der Radioaktivität und ihrer Auswirkungen auf unser Leben. Sei es als Energiequelle, als Heilmittel gegen Krebs oder als Massenvernichtungswaffe mit dem Potenzial, menschliches Leben für immer auszulöschen. «Radioactive» erinnert mich an W. G. Sebalds beste Werke, es behandelt allgemeine geschichtliche Themen anhand genauer Beobachtungen und philosophischer Überlegungen, überlässt es aber dem Leser, Schlussfolgerungen zu ziehen. Tatsächlich lässt einem die Geschichte nicht so schnell los – auch dies eine Eigenschaft qualitativ hochstehender Gedichte. So nimmt Redniss zum Beispiel den Moment des frühen Todes von Pierre (Maries Ehemann) zum Anlass, den Unfall in Tschernobyl und seine Nachwirkungen zu behandeln.

«Radioactive» ist nicht nur äußerlich ein wunderschönes Buch, sondern auch eine wunderbare poetische Collage, voll toller Ideen; tragische geschichtliche und biografische Aspekte wechseln ab mit originellen und verschrobenen humoristischen Einfällen. Redniss hat keinen Recherche-Aufwand gescheut, und auch die Teile des Buches, die sich mit seriösen wissenschaftlichen Fakten beschäftigen, lassen sich gut lesen. Die Autorin zieht oft die reichhaltigen und detaillierten Tagebücher der Curies heran, zitiert häufig direkt daraus, was wiederum einen poetischen Effekt auf verschiedenen Ebenen erzeugt. Zudem beschert sie uns eine Fülle von selbst gefundenem historischen Material, ein Interview mit einem Wissenschaftler, der die Folgen radioaktiver Katastrophen auf die Umwelt untersucht, sowie mit einer Frau, die als junges Mädchen den Abwurf der Atombombe auf Hiroshima miterlebte, eine Geschichte, die wohl kein Leser so schnell vergessen wird.

Redniss’ Bilder sind genauso eindrücklich und kraftvoll wie ihre Texte. Meist sind ihre Zeichnungen in einem modernistischen Stil gehalten – Picasso, Matisse und Munch lassen grüßen – was äußerst passend ist, da durchaus Parallelen bestehen zwischen Curies Erforschung des «Zaubers» der radioaktiven Strahlung und den gleichzeitig stattfindenden Entwicklungen in Literatur und bildender Kunst. Ihre Strichzeichnungen wirken energisch, aber was noch mehr beeindruckt, ist Redniss’ Umgang mit Farbe – mutige Farbtupfer, die an Gauguin, Van Gogh und Rothko gemahnen. Einige der Seiten wurden im Lichtpausverfahren gedruckt, bei dem man mit Sonnenlicht und chemisch behandeltem Papier arbeitet, was kobaltblaue, an Röntgenaufnahmen erinnernde Bilder mit eigenartiger Leuchtkraft hervorbringt, ein Tribut an die von Marie Curie beschriebene «spontane Brillanz» von Radium.

Das preisträchtige Album ist so kraftvoll und einzigartig wie ein instabiles Isotop, und als biografische Graphic Novel ein Werk von wahrhaft strahlender Brillanz. Wer mir nicht glaubt, soll das Buch einmal im Dunkeln betrachten …

Mark David Nevins

  • Lauren Redniss: «Radioactive: Marie & Pierre Curie. A Tale of Love and Fallout».
  • Harper Collins 2011, 208 S., Hardcover, farbig,
  • $ 29.99

Catel Muller, José-Louis Boucquet: Kiki de Montparnasse

Sex, Drugs und Surrealismus

Es gibt wohl kaum eine andere französische Frau, um die sich so viele Mythen ranken, wie um Kiki de Montparnasse. Als bürgerliche Alice Prin wird sie 1901 unehelich in Châtillon-sur-Seine im Burgund geboren, wächst unter ärmlichen Verhältnissen bei ihrer Großmutter auf und zieht mit 12 Jahren zu ihrer Mutter nach Paris. Nachdem sie mehrere Berufsausbildungen abgebrochen hat, beginnt sie mit 14 Jahren Geld als Aktmodell zu verdienen, zunächst für einen Bildhauer, später für diverse Maler. Es ist die Geburt der mondänen und lebensfrohen Kiki de Montparnasse, dem Model, der Sängerin, Schauspielerin und Malerin, die fortan die Muse der Pariser Künstlerbohème ist. Sie geht in den Ateliers von Malern wie Moise Kisling, Tsuguharu Foujita und Per Krohg ein und aus, und zu ihrem engen Freundeskreis gehören Breton, Calder, Cocteau, Duchamp und Tzara, um nur einige zu nennen. Nach dem Ersten Weltkrieg ist Paris der internationale Hotspot der Avantgarde, und in Kikis Umfeld bewegen sich sowohl Ernest Hemingway und Pablo Picasso als auch Arno Breker, der spätere Haus- und Hofkünstler von Hitler. Als Muse und Modell wird Kiki zur Ikone des Surrealismus und prägt die Kunstrichtung wahrscheinlich ebenso stark wie die Künstler selbst. Bereits das Cover des über 400 Seiten dicken Comics ziert eines der berühmtesten Fotos von Kiki, es ist Man Rays legendärer Rückenakt mit den beiden aufgemalten Schalllöchern eines Cellos. Trotz ihrer beiderseitigen zahlreichen Affären hat Kiki mit dem amerikanischen Fotografen eine langjährige Beziehung. Die Zeiten des Hungers und der Armut ihrer Kindheit sind passé. Kiki singt und tanzt in den angesagtesten Clubs und ihre Malereien finden reißenden Absatz. Kiki ist auf dem Höhepunkt ihres Lebens, sie wird verehrt und gefeiert, und davon ebenso berauscht wie von ihrem exzessiven Alkohol- und Drogenkonsum. Der Autor José-Louis Boucquet hat versucht, ihre turbulente und mythenreiche Biographie zu straffen, weshalb die zahlreiche Künstlerprominenz – Statisten gleich – nur kurzzeitig in Erscheinung tritt, um sodann in den angehängten biographischen Notizen zu verschwinden. Catel Mullers reduziert realistischen Schwarzweiß-Zeichnungen fördern den flotten Erzählfluss. Den Comic liest man zu Ende, bevor man ihn aus der Hand legt. Auch wenn der Comic ebenso die Schattenseiten von Kikis Ruhm und ihren späteren tiefen sozialen Abstieg beleuchtet, so ist er doch vornehmlich dem Glanz und Glamour ihrer Biographie verhaftet. Denn gegen Ende ihres Lebens ist Kiki vom Drogenkonsum aufgeschwemmt und die vermeintlichen Freunde wenden sich von ihr ab, während sie den alten Zeiten nachhängt und die Tatsache verdrängt, dass sie von der männlichen Kunstszene mehr als Objekt angesehen wurde, denn als emanzipierte Frau, die ihre Sexualität auslebt. Eine stärkere Beleuchtung der tragischen Seite von Kikis Biographie wäre dem Comic zugute gekommen, denn er hätte der Narration eine gewisse Tiefe verleihen können. 1953 kommen zur Beerdigung der einst geliebten Kiki de Montparnasse einzig ihre alten Freunde Treize, André Salmon und Foujita. Sie wurde 52 Jahre alt.

Matthias Schneider

  • Catel Muller, José-Louis Boucquet: «Kiki de Montparnasse».
  • Carlsen Verlag, 416 S., ­Hardcover, s/w,
  • Euro 36 / sFr. 44.90

Isabel Kreitz: Deutschland. Ein Bilderbuch

Bildergeschichte(n)

Anlässlich des 20. Jahrestags des Mauerfalls zeichnete Isabel Kreitz für die Frankfurter Rundschau im Jahr 2009 jede Woche eine Episode zur deutschen Geschichte der Nachkriegszeit. Angefangen bei Thomas Manns erstem Besuch in Deutschland nach 16 Jahren im Exil, wurden die Leser quer durch rund 60 Jahre Geschichte geführt: über den Start des Farbfernsehens, die gefälschten Hitlertagebücher und die Barschel-Affäre bis zur Pleite der Investmentbank Lehman Brothers und die dadurch ausgelöste weltweite Finanzkrise. Diese Arbeiten sind in einem großformatigen Sammelband zusammengefasst bei Dumont erschienen.

Die Doppelseiten sind immer gleich aufgebaut: Am unteren Rand jeder linken Seite ist kurz das jeweilige Ereignis beschrieben, auf der rechten Seite ist dann Kreitz’ Illustration abgebildet. Meist erzählt sie in kurzen Bildergeschichten, die manchmal auch ohne Worte auskommen. Teilweise verwendet sie aber auch Collagen, in die Originaldokumente eingebaut sind. Die an sich bunten, realistisch gehaltenen Zeichnungen sind gleichzeitig auch durch viel Grau geprägt und wirken auf den ersten Blick ziemlich düster. Dieser Eindruck trügt jedoch. Die Geschichten werden nämlich mit hintergründigem, feinsinnigem Humor erzählt, der einen immer wieder schmunzeln lässt.

Bemerkenswert ist, dass die ausgewählten Ereignisse niemals direkt dargestellt werden. Vielmehr werden kleine, alltägliche Geschichten erzählt, in denen das jeweilige Thema lediglich implizit anklingt und die zeigen, wie sich das Leben der Menschen dadurch verändert. Überhaupt werden die ganz großen Momente oft nur am Rande erwähnt. So wird etwa der Mauerfall nur indirekt in einer Episode über einen Besuch Gorbatschows in Berlin thematisiert. Statt auf Plakativität zu setzen, nähert sich Isabel Kreitz diesen prägenden und teils weltbewegenden Geschehnissen auf so subtile wie hintersinnige Weise.

Die Auswahl ihrer Sujets ist dann allerdings doch nicht immer nachzuvollziehen. Man kann sich fragen, warum z. B. so wichtige und einflussreiche deutsche Künstler wie Joseph Beuys oder die Band «Kraftwerk» keine Erwähnung finden, wohl aber Christos verhüllter Reichstag und die Loveparade. Aber dafür lernt man auch viele Dinge – und dies auf eine sowohl äußerst unterhaltsame als auch spannend und anspruchsvoll umgesetzte Art und Weise.

Jan Westenfelder

  • Isabel Kreitz: «Deutschland. Ein Bilderbuch».
  • Dumont, 112 S., Hardcover, farbig,
  • Euro 19.99 / sFr. 28.50

Michaela Konrad: Mondwandler

Walking on the Moon

Der Weltraum steht schon seit einiger Zeit im Mittelpunkt des Schaffens der Wiener Künstlerin Michaela Konrad. So arbeitet sie bereits seit 2003 an ihrer ComicArt-Reihe «Spacelove», die Gemälde, Drucke und Comic-Erzählungen umfasst. Mit ihrem Band «Mondwandler» hat sie sich der besonderen Faszination gewidmet, die der Mond auf uns Menschen ausübt. Als Basis dienten ihr Zitate von Astronauten der amerikanischen Apollo-Missionen, in denen diese ihre Gefühle, Gedanken und Erlebnisse während ihrer Reise zum Mond ausdrücken. Die kurzen Textfragmente wurden in eine Reihenfolge gebracht, an deren Anfang die ersten Empfindungen beim Betreten der Mondoberfläche stehen und deren Ende rückblickende Gedanken nach der Ankunft auf der Erde bilden, so dass sich eine Art lose Handlung ergibt.

Michaela Konrad hat die Texte mit großzügigen, teils ganzseitigen Bildern illustriert. Auf nahezu allen ist die Mondober­fläche dargestellt, auf der sich mal ein Astronaut, eine Landefähre oder ein Mondfahrzeug befinden, die sich aber auch mal völlig verlassen präsentiert. Und dann gibt es da noch eine blonde Frau in einem blauen Kleid, die auf etwa der Hälfte der Bilder zu sehen ist und in den schwarzen Himmel blickt, die Erde betrachtet oder sich die von den Astronauten zurückgelassenen Gegenstände anschaut – eben eine Mondwandlerin. Ist die Mondlandschaft ausschließlich in Schwarz, Grau und Weiß gehalten, steht die mit kräftigen, leuchtenden Farben hervorgehobene Protagonistin in krassem Gegensatz dazu. In Verbindung mit den klaren Linien und dem dicken Strich erinnert dies an Pop Art im Stile Roy Liechtensteins.

Durch das Zusammenspiel der Reflexionen der Astronauten und der surrealen Bilder gelingt es Michaela Konrad, eine traumhafte und sogar etwas meditative und hypnotische Atmosphäre entstehen zu lassen. Man lässt sich nur allzu gerne in diesem ruhigen Fluss treiben, und ab einem gewissen Punkt beginnt man, die Schwerelosigkeit, die Leere und die Stille des Weltalls am eigenen Körper zu spüren. Besonders zu empfehlen: Bei der Lektüre Pink Floyds «The dark Side of the Moon» hören.

Jan Westenfelder

  • Michaela Konrad: «Mondwandler».
  • Luftschacht, 64 S., Hardcover, farbig,
  • Euro 23.30 / sFr. 35.50

 

Kurz und Gut

von Christian Meyer


Jedes neue Werk von Altmeister Jacques Tardi ist ein Genuss. Egal, ob er sich dem Krieg zwischen Ländern oder dem Krieg in der Unterwelt widmet, die Psychologie der Figuren und der soziale Hintergrund sind immer genau gezeichnet. Bei einer Krimi-Adaption wie «Im Visier» von Jean-Patrick Manchette kommen noch eine spannende Dramaturgie, der lakonische Tonfall und starke Plotpoints hinzu. Ein Comic-Noir allererster Güte.

Max Cabanes adaptiert Manchettes letzten Roman «Blutprinzessin». Manchettes Sohn Doug Headline hat den Text dieses umfassenden Sittenporträts des Kalten Krieges bearbeitet. Cabanes‘ Zeichenstil ist ebenso dem Realismus verpflichtet wie Manchettes politischer Krimi auf intensiver Recherche basiert. Ein siebenjähriges Mädchen wird 1950 in den USA entführt und bleibt ohne Lösegeldforderung verschollen. Einige Jahre später scheint die Fotoreporterin Ivy in Kuba auf das Kind zu stoßen. Verschiedene Interessengruppen intervenieren. Ein spannender und intelligenter Roman in einer gelungenen, aufwändigen Adaption.

Emmanuel Moynot wurde zuletzt mit seinen an Jacques Tardi angelehnten Leo-Malet-­Adaptionen ins Deutsche übersetzt. In «Tod eines Blauwals» erzählt er seine eigene Story um den sowohl beruflich als auch privat ins Schlingern geratenen Schriftsteller Simon. Als er auf sein großes Vorbild trifft, folgt eine weitere Enttäuschung. Ständig erwartet man einen Krimiplot, doch Moynot umspielt das Genre nur und erzählt vor allem vom kreativen Akt des Schreibens und der dafür notwendigen Selbsterkenntnis. Stilistisch entfernt er sich ein wenig von den Tardi-Hommages, nicht zuletzt durch die Farbakzente.

  • Tardi & Manchette: «Im Visier».
  • Edition Moderne, 106 S., Hardcover, s/w, Euro 24 / sFr. 34.—
  • Cabanes & Manchette: «Blutprinzessin».
  • Schreiber & Leser, 160 S., Hardcover, farbig, Euro 24.80 / sFr. 36.90
  • Emmanuel Moynot: «Tod eines Blauwals».
  • Schreiber & Leser, 80 S., Hardcover, farbig, Euro 18.80 / sFr. 29.90

Joann Sfar und Christophe Blain lassen einen Hund durchs mythische Griechenland dackeln. «Sokrates der Halbhund» begleitet im ersten Band «Herakles». Im zweiten und dritten Band folgen Geschichten um «Odysseus» und «Ödipus». Der philosophierende Hund Sokrates reflektiert deren Handeln, auch wenn er mitunter ein wenig an den treu-doofen Rantanplan erinnert. Blain sorgt für die Zeichnungen, Sfar für die brachialen Wendungen der Geschichte.

Auch Joann Sfars Serie «Professor Bell» vereint Absurdität und Abgründe. Sfar zeichnet Joseph Bell – Arthur Conan Doyles Inspiration zu Sherlock Holmes – als düsteren, drogensüchtigen und der Mystik zugewandten Antihelden. Seine Fälle sind nicht minder bizarr. Die abschließenden Bände 4 und 5 – «Die Gesellschaft der toten Königinnen» und «Die Kobolde Irlands» – zeigen Bell zunehmend als bedrohlichen Psychopathen. Vielschreiber Sfar lässt seine fantastische Serie seit dem dritten Band von Hervé Tanquerelle zeichnen, der Sfars monströses Fin de Siècle wunderbar einfängt.

Im ersten Band «Ehre» aus der Reihe «Für das Imperium» von Bastien Vivés und Merwan fühlt man sich angesichts der römischen Helden trotz der beeindruckenden Farbbilder oft an Frank Millers Epos «300» erinnert, aber schon im Folgeband «Frauen» finden fantastische Elemente Eingang und eine Frauenarmee verunsichert die Kämpfer. Die ungewöhnlich kolorierten Zeichnungen sind nicht minder fantastisch.

  • Sfar & Blain: «Sokrates der Halbhund», Bände 1 – 3.
  • Reprodukt, 48 S., Softcover, farbig, Euro 12 / sFr. 19.90
  • Sfar & Tanquerelle: «Professor Bell», Bände 4 – 5.
  • avant verlag, 46 S., Softcover, farbig, Euro 14.95 / sFr. 23.90
  • Vivés & Merwan: «Für das Imperium», Bände 1 – 2.
  • Reprodukt, 56 S., Softcover, farbig, Euro 12 / sFr. 19.90

«Der Mörder weinte» von Thierry Murat ist eine Adaption des Romans von Anne-Laure Bondoux: Ein Fremder tötet die Eltern eines Jungen und zieht in dessen Haus ein. Mit einem eigenwilligen, grobkörnigen Stil fängt Murat die Weite Patagoniens und die Trostlosigkeit des kargen Alltags ein, mit nur wenigen Worten umreißt er das existentielle Drama der Figuren – erschütternd.

  • Murat & Bondoux: «Der Mörder weinte».
  • Schreiber & Leser, 128 S., Hardcover, farbig, Euro 18.80 / sFr. 28.90

«Gonzo» ist «die grafische Biografie von Hunter S. Thompson», so der Untertitel. Will Bingley und Anthony Hope-Smith stolpern durch das wilde Leben des legendären Radikalen des New Journalism. Typisches Handycap einer knappen Comic-Biografie: Wenn man die Hintergründe kennt, macht’s Spaß, alle anderen werden es mit dem Verständnis etwas schwer haben.
Die subjektive Reportage eines Hunter S. Thompson macht sich der Italiener Igort für seine Comic-Reportage «Berichte aus der Ukraine» zunutze, doch der Gestus ist wesentlich dezenter. Es sind «Erinnerungen an die Zeit der UDSSR», die ihm seine Gesprächspartner bei seinen Reisen erzählen und die er atmosphärisch mit zartem Strich und gedeckten Farben verdichtet. Eingebettet sind die vier Geschichten seiner Interviewpartner in historische Abrisse, Hintergrundinformationen und Igorts eigene Reiseerlebnisse.

  • Bingley & Hope-Smith: «Gonzo».
  • Tolkemitt, 180 S., Softcover, s/w, Euro 14.95 – nur über Zweitausendeins
  • Igort: «Berichte aus der Ukraine».
  • Reprodukt, 180 S., Softcover, farbig, Euro 24 /sFr. 35.90

Österreicher unter sich: Nicolas Mahler adaptiert Thomas Bernhard! «Alte Meister» ist ein Beckett’sches Szenario: Atzbacher wird von Reger ins Museum eingeladen, nur um dessen Hasstiraden gegen die Kunst zu erdulden. Aber so platt und eindimensional sind Regers Ausführungen dann doch nicht. Mahler bringt Bernhards Text lakonisch auf den Punkt und findet oft überraschende und intelligente Bilder für Regers Monolog.

  • Mahler & Bernhard: «Alte Meister».
  • Suhrkamp, 158 S., Softcover, s/w, Euro 18.99 / sFr. 27.50

Howard Cruses «Stuck Rubber Baby» war schon in den 90er-Jahren ein Graphic-Novel-Klassiker, lange bevor der Begriff Inflation hatte. Die Geschichte um den jungen Toland, der mit seinem Coming-out kämpft, ist im Jahr 1963 – inmitten der aufkommenden Rassenunruhen im Süden der USA – angesiedelt. Die Veröffentlichung von Carlsen unter dem Titel «Am Rande des Himmels» aus dem Jahr 1996 gilt schon lange als vergriffen, und so ist die Neuauflage im Hardcover sicher für viele die erste Gelegenheit, dieses eindringliche, mit seinen sehr plastischen Schwarzweiß-Zeichnungen an Robert Crumb erinnernde Werk kennen zu lernen.

  • Howard Cruse: «Stuck Rubber Baby».
  • Cross Cult, 240 S., Hardcover, s/w, Euro 26 / sFr. 37.90

Nach «Ein Mann geht an die Decke» ist «Patchwork» Katharina Greves zweiter Comic und steht ihrem Debüt an Skurrilität in nichts nach: Eine Wissenschaftlerin bastelt sich aus Körperresten eine Familie, muss dann aber vor der Presse, dem sensationsgeilen Mob und interessierten Firmen fliehen. Eine humanistische Groteske über Andersartigkeit und Moral.

  • Katharina Greve: «Patchwork».
  • Gütersloher Verlagshaus, 80 S., Softcover, s/w, Euro 14.99 / sFr. 21.90

Ende der 60er-Jahre entwickelte Yoshihiro Tatsumi realistischere Manga für Erwachsene und nannte sie Gekiga. «Existenzen» ist eine Sammlung einiger seiner düsteren Kurzgeschichten. 13 beeindruckende Dramen, welche die moralischen Abgründe der Menschen untersuchen. Für Februar ist seine 850 Seiten umfassende Autobiografie «Gegen den Strom» angekündigt.

  • Yoshihiro Tatsumi: «Existenzen».
  • Carlsen, 320 S., Softcover, s/w, Euro 19.90 / sFr. 28.50

Der Kölner Cartoonist Leo Leowald legt mit «Stopptanz» den dritten Sammelband seines Comic-Blogs «Zwarwald» vor. Nach seinem Babybuch «Raues Sitten» zieht es auch ihn zu den Abgründen: Amokläufer, Albträume, Shizophrenie und Gespenster schleichen durch den abseitigen Humor, dessen Entschlüsselung die fehlenden Post-Titel des Blogs erleichtert hätten.

  • Leo Leowald: «Stopptanz».
  • Reprodukt, 192 S., Softcover, farbig, Euro 18 / sFr. 27.90

Nach ihrem Meisterwerk «Der Incal» haben Alejandro Jodorowsky und Moebius in den 90er- Jahren an der dreibändigen Geschichte «Lust & Glaube» gearbeitet. Die grafische Weite des Incal wird hier wieder enger, die Story um einen Philosophie-Professor an der Sorbonne, der auf drei religiöse Fanatiker stößt, öffnet sich zunehmend dem Wahnsinn. Es scheint fast, als würde hier Moebius‘ eigene Erfahrung in einer UFO-Sekte kathartisch durchlaufen – hysterisch und unter Einsatz von Körperflüssigkeiten aller Art. Der Verlag Schreiber & Leser veröffentlicht erstmals die drei Alben der Geschichte als Sammelband.

  • Moebius & Jodorowski: «Lust & Glaube».
  • Schreiber & Leser, 192 S., Hardcover, farbig, Euro 29.80 / sFr. 42.90

 

Biografien

>>>


Aisha Franz wurde 1984 in Bayern geboren und nach einem Elefantenbaby aus dem Fernsehen benannt. Obwohl sie damals davon träumte, als Erwachsene Filme für Walt Disney zu zeichnen, studierte sie dann doch bei Hendrik Dorgathen Illustration und Comic an der Kunsthochschule in Kassel. Ihre Abschlussarbeit «Alien» erschien 2011 bei Reprodukt. Andere gezeichnete Kurzgeschichten sind in Anthologien wie KUS!, Orang, Kuti Kuti und in ihrem Eigenverlag My Own Press veröffentlicht worden. 2012 erscheint ihr zweites Buch «Brigitte» bei Reprodukt, eine Gesamtausgabe einer ursprünglich selbstverlegten Mini-Comic-Serie. Sie lebt und arbeitet in Berlin und ist Teil des Selbstverleger-Kollektivs The Treasure-Fleet.
www.fraufranz.com
www.treasure-fleet.com

Caroline Sury, *1964 in Laval, Frankreich, schloss 1989 die Kunstakademie von Bordeaux ab. 1993 gründete sie zusammen mit Pakito Bolino den Verlag Le Dernier Cri in Marseille; sie war damals eine der wichtig­sten Vertreterinnen der publizistischen und grafischen Avantgarde und ist heute eine der bekanntesten Zeichnerinnen Frankreichs. Nebst verschiedenen Büchern publiziert sie regelmässig Comics in französischen Magazinen und nimmt an Ausstellungen teil. Vom 4. bis 30. April 2012 zeigt sie im L’espace Ecureuil in Marseille einen Überblick über ihr Gesamtwerk.
www.lederniercri.org

claire Lenkova lebt als Comiczeichnerin und Künstlerin im Wald und in der Grossstadt, arbeitet für verschiedene Verlage und Zeitungen, macht eigene Bücher und Ausstellungen. Sie ist Mitgründerin der Comicanthologie SPRING und hat einen regelmässigen Comic in der Sonntagsausgabe der Frankfurter Allgemeinen Zeitung.
www.clairelenkova.de

Elisabeth Zwimpfer, *1981 in Basel, machte eine Ausbildung als Gestalterin an der Schule für Gestaltung in Basel. Danach arbeitete sie als Grafikerin in Bern, es folgten ein paar freie Aufträge und schliesslich ab 2007 das Studium in Nürnberg, Bereich Grafik Design und Bildende Kunst, dann Illustration und Trickfilm in Kassel. Nebenbei Arbeit in Küche, Hotel und mit Kindern, zwischendurch auf Reisen und immer wieder beschäftigt mit Malen, Fotografieren, Zeichnen.

Gabrielle Bell, *1976 in London, wuchs in einer abgelegenen Berggemeinde im Norden Kaliforniens auf. Ihre Arbeiten wurden in den Magazinen McSweeney’s, The Believer, Bookforum und Vice abgedruckt und schafften es 2007, 2009, 2010 und 2011 in die Houghton-Mifflin Best American Comics und die Yale Anthology of Graphic Fiction. «Cecil and Jordan In New York», die Titelstory ihres aktuellen Albums, wurde von ihr und Regisseur Michel Gondry filmisch umgesetzt und ist Teil des Anthologiefilms «Tokyo!» (2008). Bell lebt in Brooklyn.
www.gabriellebell.com

Kati Rickenbach, *1980 in Basel. Sie hat es in letzter Sekunde vor der Geburt ihres er­sten Kindes noch geschafft, die Story für die vorliegende Ausgabe von Strapazin zu zeichnen, die sie zusammen mit Ulli Lust verantwortet. Nebst kleineren Geschichten und Veröffentlichungen erschienen 2007 ihr er­stes Buch «Filmriss» und 2011 das autobiografische Werk «Jetzt kommt später» bei Edition Moderne. Kati Rickenbach lebt und arbeitet in Zürich, ist Strapazin-Mitherausgeberin und sucht eine grössere und günstigere Wohnung. Dies und mehr kann man in den Tagebuchcomics auf ihrer Homepage nachlesen.
www.katirickenbach.ch

Sharmila Banerjee, *1979 als dritte Tochter deutsch-indischer Eltern in Rheydt (Nordrhein-Westfalen). Nach dem Abitur studierte sie Design in Köln und Storytelling in Stockholm, heute lebt und arbeitet sie in Berlin. Ihre Arbeiten findet man in ihren selbstverlegten Zines und Alben oder in verschiedenen Anthologien wie zum Beispiel Orang, Nobrow, oder Kuti Kuti. Darüber hinaus erscheinen ihre biografischen Comics über «Wilde Frauen» regelmäßig im Missy Magazine.
www.sharmilabanerjee.de

Ulli Lust, *1967 in Wien, lebt seit 1995 in Berlin. Sie zeichnet Comicreportagen, die auf journalistischer Recherche gründen, wie der Bericht über ein Berliner Einkaufszentrum in «Alltagsspionage» (2001, monogatari) oder die Comicserie «Minireportagen aus Berlin» («Fashionvictims, Trendverächter», 2008, avant-verlag) mit Beobachtungen aus dem modernen Leben. 2009 erschien «Heute ist der letzte Tag vom Rest Deines Lebens» (avant-verlag), ein Comic über ihre Jugendzeit, ein Reise- und Schelmenroman, unterdessen in verschiedene Sprachen übersetzt und mit Preisen ausgezeichnet. Als Mastermind betreut Ulli Lust den Online-Verlag electrocomics.com, der E-books und Comicstrips einer wachsenden Riege internationaler Comiczeichner und Bilderzähler publiziert. Ulli Lust bildet zusammen mit Kati Rickenbach die Redaktion dieser Strapazin-Ausgabe.
www.ullilust.de
www.electrocomics.com

Vanessa Davis lebt in Kalifornien. Ihr neu­stes Album, «Make Me a Woman», erschien 2010 bei Drawn and Quarterly. Ein früheres Werk ist «Spaniel Rage» (Buenaventura Press, 2005).
www.spanielrage.com

Wolfgang Bortlik, *1952 in München, lebt seit langem in der Schweiz, jetzt in Riehen bei Basel. Er ist Hausmann und Autor. Zuletzt erschien sein Roman «Fischer hat Durst». Demnächst gibt er ein Buch mit Texten Fussball spielender Autorinnen und Autoren der Schweiz heraus: «Das Chancenplus war ausgeglichen» (Knapp Verlag).